Wahlen am 6. und 13. März "Etablierte Parteien müssen sich an die eigene Nase fassen"

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Die Reaktionen der Vertreter der etablierten Parteien auf den Wahlausgang der hessischen Kommunalwahlen und der Landtagswahlen am vergangenen Sonntag sind für mich mittlerweile weit mehr "Aufreger" als das Wahlergebnis rund um die AfD selbst.

Da wird mit allen rhetorischen Künsten versucht, das gesamte AfD-Phänomen und ihre Wähler an den äußersten rechten politischen Rand zu drücken. Es fehlt nur noch die Forderung, die Partei gleich verbieten zu lassen.

Dabei ist die AfD gar nicht die Ursache des Problems unseres politischen Systems, sondern nur das Symptom. Die Krankheitsursache liegt bei den etablierten Parteien, insbesondere bei den Vertretern der Großen Koalition in Berlin. Diese entfernt sich immer mehr von den Bürgern, seinen Sorgen, kritischen Fragen und Ängsten. Aber stattdessen jetzt nach diesen Denkzettelwahlen sich zu besinnen und insbesondere auf die Bürger zuzugehen, werden diese als Problem gebrandmarkt.

Ein trotziges "Weiter so!"

Dass die Hauptwählergröße der AfD aus dem Bereich der bisherigen Nichtwähler stammt, sollte mit der Mär aufräumen, dass Nichtwähler im wesentlichen politisch desinteressierte, in ihrer Haltung für unser politisches System destruktive Menschen seien. Viele von diesen so oft Gescholtenen haben jetzt ganz bewusst eine bessere Alternative gesehen, als einfach nicht zur Wahl zu gehen, und zeugen damit für die weit verbreitete Protesthaltung auch des Nichtwählerbereichs.

Wenn darüber hinaus Wähler von allen etablierten Parteien zur AfD gewechselt sind, sollte auch das eher bei den politisch Verantwortlichen zu Nachdenklichkeit und Neujustierung führen. Stattdessen hörte man in den Reaktionen hauptsächlich ein trotziges "Weiter so!".

"Weiter so" heißt jedoch, nicht nur die Wähler und damit den demokratischen Souverän nicht Ernst zu nehmen, sondern wird genau dazu führen, was man ja doch eigentlich verhindern will, nämlich dass AfD und auch weitere Protestparteien noch mehr Zulauf bekommen und der Vertrauensverlust in die Gewählten der etablierten Parteien an Geschwindigkeit zunehmen wird. Die etablierten Parteien und ihre Vertreter insbesondere in Berlin müssen sich, wenn sie wirklich etwas ändern wollen, zunächst mal dringend an die eigene Nase fassen.

Matthias Wilkes

Landrat a. D.

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