Wahl der Kreisbeigeordneten Wahlbeamte sollten normalen Beruf ausgeübt haben

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Mit der Wahl der beiden hauptamtlichen Kreisbeigeordneten Diana Stolz und Karsten Krug im Kreistag setzt sich ein unseliger Trend fort. In Gemeinden, Städten und Landkreisen werden fast nur noch Personen als Wahlbeamte und somit für die Spitzenpositionen vorgeschlagen und gewählt, die entweder nie oder bestenfalls nur für kurze Zeit in einem normalen Beruf - also als Arbeiter, Angestellte, Freiberufler oder Geschäftsinhaber in produzierenden, verkaufenden oder dienstleistenden Unternehmen der freien Wirtschaft - tätig waren. Stattdessen haben sie von Beginn ihres Ausbildungs- und späteren Berufslebens nichts anderes kennengelernt als Verwaltung - also Gesetze, Verordnungen, Dienstanweisungen und Verwaltungshandeln - und an ihrer Karriere gebastelt. Manche kommen von kommunalen Verbänden, öffentlichen Einrichtungen oder übergeordneten Interessenvertretungen, was die Sache auch nicht besser macht.

Jegliche Erwerbserfahrung fehlt

Dementsprechend fehlt den Wahlbeamten jegliche oder nahezu jegliche Erwerbserfahrung und damit der Bezug zum "normalen" Berufseben, denn sie sind nie mit den Sorgen und Nöten von gewerblich tätigen Menschen und dem Zwang zur Wirtschaftlichkeit und Effizienz persönlich konfrontiert worden - und auch nicht mit dürftiger gesetzlicher Altersversorgung. Entsprechend sieht hinterher oftmals das sogenannte Verwaltungshandeln aus: bürokratiegetrieben, verwaltungszentriert, wirtschafts-, bürger- und damit realitätsfern. Sollte das Wahlamt nach ein oder zwei Wahlperioden, aus welchen Gründen auch immer, beendet sein, fallen sie viel sicherer und weicher, wie man nun am Beispiel des abgewählten Kreisbeigeordneten Matthias Schimpf sehen kann, als solche, die aus der Wirtschaft kamen.

Andere Sicht auf die Dinge

Langsam, aber sicher sind die Zeiten vorbei, als Bürger unterschiedlichster Berufe und der damit verbundenen Erfahrungen Landrat, Bürgermeister oder hauptamtliche Stadträte und Kreisbeigeordnete wurden. Das Argument, dass heutzutage nur ein Verwaltungsprofi eine Verwaltungsbehörde leiten könne, ist angesichts von Amts- und Sachgebietsleitern nicht überzeugend. Gerade dafür haben die Verwaltungsspitzen doch ihre leitenden Mitarbeiter. Aus normalen Berufen kommend, würden die Behördenspitzen auch eine andere Sicht auf die Dinge mitbringen.

Politikverdruss wird gefördert

Das ist jedoch in der Berufspolitik selbst auf kommunaler Ebene offensichtlich nicht mehr gewollt. Damit werden Politik- und Politikerverdruss ebenso gefördert wie Bürgerferne. Die Basismitglieder der Parteien tragen leider an diesem unseligen Trend eine gehörige Mitverantwortung, denn sie lassen es geschehen, statt ihren Vorleuten in den Arm zu fallen. In kommunalen Behörden müssten meines Erachtens je nach Größe mindestens einer oder mehrere der Wahlbeamten aus der freien Wirtschaft kommen. Das kann man auch festschreiben, so wie alles mögliche andere auch festgelegt ist.

Bei dieser Gelegenheit die Kritik, dass im Kreistag reihenweise Bürgermeister sowie hauptamtliche Stadträte und Gemeindebeigeordnete sitzen und sich somit quasi selbst "überwachen". Gegenüber den Ehrenamtlichen im Kreistag sind sie immer im Vorteil, da sie eine ganze Behörde im Rücken haben, die ihnen jegliche Arbeit im Kreistag erleichtert und quasi vorbereitet.

Holger Steinert

Bensheim-Schönberg