Odenwaldschule Das kann es doch nicht gewesen sein

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"Missbrauchsopfer erhalten Hilfe", BA vom Samstag, 17. Dezember

Gesetzt den Fall, die katholische Kirche wäre am 16. Dezember mit der Meldung an die Öffentlichkeit gegangen, sie würde pro Opfer beziehungsweise für jeden Betroffenen oder jede Betroffene den Betrag von 1000 Euro als Schmerzensgeld anbieten - als Schuldanerkenntnis, zur Linderung größter seelischer Not seitens der Opfer der Verbrechen, und zwar nur bis zum 30. Juni 2012, weil dann die Bücher endlich wieder geschlossen werden sollten.

Angenommen, wir hätten dieses Szenario: Hätte es eine solche (fiktive) Meldung nicht auf die Seite eins einer jeden Zeitung geschafft? Wäre sie nicht überall als Schlagzeile, fett gesetzt, aufgetaucht? Wären nicht empörte Kommentare dazu erschienen? Zurecht übrigens ...

Und was passiert im Fall Odenwaldschule? Hier werden die Opfer erneut auf das Widerwärtigste beschämt, missachtet und gedemütigt mit dem Angebot genau dieses Betrages: 1000 Euro!

In einzelnen "Härtefällen" erlauben sich die Akteure der Stiftung "Brücken bauen", über Zahlungen bis zu 10 000 Euro gütigst zu entscheiden. Sie behalten sich Entscheidungen darüber vor! Für Therapien! Jeder vernunftbegabte Mensch weiß, dass solche Therapien mindestens 50 000 bis 100 000 Euro kosten. Und dass sie nicht von allen Krankenkassen bezahlt werden.

Mithin: Meine Google-Alerts zur Odenwaldschule zeigen mir jeden Abend Schlagzeilen wie diese: "Odenwaldschule entschädigt. Odenwaldschule zur Entschädigung bereit. Stiftung hat Arbeit aufgenommen, Geld ist vorhanden" etc. usw.

Ich möchte fragen: Wird hier nachgehakt, woher die Gelder kommen? Sie sind zum größten Teil kreditfinanziert! Wie wir alle wissen, müssen Kredite bedient und zurückgezahlt werden ...

Wird gefragt, was der Opferverein Glasbrechen von dieser erneuten, beschämenden Kulissenschieberei hält? Von diesem Skandalon? Wird gefragt, wie sich die Opfer eingedenk der Verlautbarungen seitens der Stiftung und angesichts dieses absurd niedrigen Betrages fühlen?

Aus meiner persönlichen Sicht kann's das nicht gewesen sein.

Adrian Koerfer

Vorsitzender von Glasbrechen e.V.