Neonazi-Demo Ein Verbot ist immer einen Versuch wert

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Wir versprechen euch, wir fürchten euch nicht. Wo ihr auftretet, werden wir euch im Wege stehen: Diese Worte hat unser Bundespräsident am vergangenen Wochenende in Rostock-Lichtenhagen an die rechte Szene gerichtet. Ein begrüßenswerter Appell!

Doch gilt dieser Appell auch für die Stadt Bensheim? Diese Frage stelle ich mir, seitdem am vergangenen Samstag 40 Rechtsextreme mitten durch die Innenstadt marschierten, von der Polizei begleitet.

Ich möchte die Stadtverwaltung an ihre im Jahr 2006 im Magistrat einstimmig beschlossene "Bensheimer Erklärung gegen rechtsextreme Aktionen" erinnern und fragen, wie es mit der Einlösung der dort gegebenen Versprechen steht.

Aufgrund des Umfangs der Erklärung können hier nur einige Stellen zitiert werden:

"Rechtsextreme Gruppierungen wollen unter dem Deckmantel sozialer Positionen ihre extremistischen, fremdenfeindlichen und rassistischen Parolen verbreiten - auch bei uns in Bensheim sind sie schon aktiv geworden.

Wir Bensheimer Bürgerinnen und Bürger akzeptieren ihr Auftreten in unserer Heimatstadt und anderswo nicht.

Wir wehren uns deshalb entschieden und mit friedlichen Mitteln gegen alle Auftritte von rechtsextremen Gruppen, weil uns die Würde jedes einzelnen Menschen wichtig ist, wir uns für ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben aller Menschen und Bevölkerungsgruppen in Bensheim einsetzen, wir soziale Probleme in unserer Gesellschaft nicht auf Kosten von Minderheiten lösen wollen und wir uns den Opfern des Nationalsozialismus verbunden fühlen.

Schweigen und "Wegsehen" kann leicht als Akzeptanz missverstanden werden. Wir erklären deshalb, dass wir entschieden gegen ein Auftreten der Rechtsextremisten in Bensheim sind. Diese Gruppen sind in unserer Heimatstadt unerwünscht. Der Magistrat hat in seiner Sitzung am 15.11.2006 diese Resolution einstimmig angenommen."

Die "Initiative gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Kreis Bergstraße" hat in den letzten Jahren die meisten Bürgermeister von Städten und Gemeinden im Landkreis Bergstraße persönlich aufgesucht und mit ihnen erörtert, wie am besten gegen rechtsextreme Gruppierungen in unserer Region vorgegangen werden kann. Ein Ergebnis dieser Gespräche war, dass von den 22 Kommunen im Kreis Bergstraße 16 eine ähnlich lautende Erklärung in ihren politischen Gremien beschlossen haben.

In der Vergangenheit ist es einigen Kommunen bereits erfolgreich gelungen, rechte Demonstrationen zu verbieten. Einen Versuch ist das immer wieder wert; doch es kostet Mühe und persönlichen Einsatz, den manche Kommunen wohl scheuen. In jedem Fall hätten aufgrund der Situation in Bensheim am vergangenen Samstag - es fanden mehrere Veranstaltungen statt - strenge Auflagen erfolgen können, die einen Aufmarsch der "Rechten" in der Innenstadt vermieden hätten.

Es bleibt zu hoffen, dass in Bensheim und in anderen Städten und Kommunen zukünftig intensiver nachgedacht wird, wie mit Aktionen von rechtsextremen Gruppierungen auf der Grundlage unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung umgegangen wird.

Zivilgesellschaftliche Kräfte stehen immer und zu jeder Zeit - auch kurzfristig - bereit, friedlichen Widerstand gegen Rechtsextreme mit ihren menschenverachtenden Parolen zu leisten.

Margarete J. Bauer

Heppenheim

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