Politikverdrossenheit An der Basis haben immer mehr Aktive die Nase voll

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"Wir müssen unsere Politiker zur Vernunft bringen" (Leserforum von Klaus Edbill Grote) und "FDP-Delegierte strafen ihre Spitzenleute ab", BA vom Freitag, 31. August

Klaus Edbill Grote spricht mir aus dem Herzen, wenn er statt Aktionismus und verbaler Luftblasen endlich wieder mehr Vernunft, Sachverstand, Mut und Weitsicht bei Berufspolitikern einfordert.

Solange aber nur auf die nächste Wahl geschielt wird und die Mehrheit der Wähler erwartungsgemäß die Überbringer unangenehmer Botschaften prompt abstraft, solange wird sich leider nichts ändern.

Zudem hat sich in unserem Land die fatale Einstellung breitgemacht, dass man - neben immer neuem Schuldenmachen - ungestraft die Leistungsträger besonders im Mittelstand durch immer höhere Steuern und Abgaben beliebig ausnehmen kann.

Und damit wären wir beim Thema "FDP-Delegierte strafen ihre Spitzenleute ab", so geschehen am 27. August beim Bezirksparteitag der südhessischen Freidemokraten in Heppenheim. Denn man mag es glauben oder nicht: Auch die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker und Aktiven in den Ortsverbänden haben im oben genannten Sinne zunehmend die Nase voll - und ich denke, nicht nur bei der FDP.

Sowohl der langjährige Bundestagsabgeordnete Heinrich Kolb (Babenhausen) als auch die beiden Landtagsabgeordneten Leif Blum (Darmstadt) und besonders Frank Sürmann (Mörlenbach) bekamen bei den Vorstandswahlen ihr Fett weg und mussten sich zum Teil ungewohnt harsche Kritik anhören. Kolb bekam das zweitschlechteste und Sürmann das schlechteste Ergebnis von 17 Vorstandsmitgliedern, und da gibt es nichts schönzureden.

Leider zeigt die Reaktion von Sürmann in einem Interview, dass er wieder nicht begriffen hat oder akzeptieren will, warum er nach den Kreisvorstandswahlen im April nun erneut ein miserables Wahlergebnis bekommen hat. Stattdessen versucht er, den Grund für das Desaster wieder woanders zu suchen und sein Wahlergebnis um ein paar Prozent zu schönen, indem er zwei abgegebene und gültige Stimmen unterschlägt.

Waren im April für sein Ergebnis auf Kreisebene von nur 57,4 Prozent angeblich ein persönliches Zerwürfnis und ein imaginärer Umsturzversuch schuld - allerdings ohne Gegenkandidat -, so muss dieses Mal bei 58,7 Prozent ein angeblicher Denkzettel für Bergsträßer Kritik herhalten, den er alleine bekommen haben soll.

Das kann aber nicht sein, weil ausgerechnet zwei der Hauptkritiker vom Bergsträßer Kreisverband mit dem besten Wahlergebnis von 93,6 Prozent "bestraft" wurden, nämlich Christopher Hörst und ich selbst. Also muss es wohl doch, wie bei den anderen Berufspolitikern, an Frank Sürmann alleine und seiner Art von Politik und Basisarbeit liegen - oder?

Holger Steinert

Bensheim