Beamtenbesoldung Meine Enkel sind auf dem Weg in die Altersarmut

Lesedauer

"Beamte erhalten Besoldungsplus", BA vom Mittwoch, 15. März

Das Ergebnis der Tarifverhandlungen für Angestellte/Arbeiter im öffentlichen Dienst wird nicht eins zu eins auf die "versorgungsberechtigten Beamten" übertragen, denn für sie fallen nicht die für Angestellte und Arbeiter gesetzlich vorgeschriebenen Lohn-/Gehaltsnebenkosten an, die den Barwert des Tarifabschlusses reduzieren. Was musste ich trotzdem in der letzten Woche in einer kleinen Randnotiz im BA lesen? Der Tarifabschluss wurde eins zu eins auf die Besoldung der Versorgungsberechtigten übertragen. Nun, jeder kann sich seine eigenen Gedanken machen, was den Wahrheitsgehalt und die Zuverlässigkeit von Aussagen der "politischen Elite" unseres Landes betrifft. Ach ja, es handelt sich auch hier um Versorgungsberechtigte ...

Den Streik im öffentlichen Dienst fand ich, zumindest für die Eingruppierung bestimmter Berufsgruppen in der Gehaltshierarchie, mehr als berechtigt. Der Lohn oder das Gehalt soll eine Entschädigung für die persönliche Verantwortung und den geschaffenen Mehrwert - im öffentlichen Dienst selbstverständlich für die Bevölkerung - sein. Auf keinen Fall aber das Ergebnis irgendeines irgendwann erzielten Berufsabschlusses.

Bereits 1993 bis 1995 haben Schweizer Bürger in einer Volksabstimmung darüber befunden. Der Prozess dauerte über zehn Jahre, mit dem Ergebnis, dass die Schweiz seit ca. 2004/2005 das "versorgungsberechtigte Beamtentum" eliminiert hat. Die Schweiz ist seitdem "beamtenfreie Zone", und das bekommt ihr anscheinend sehr gut, wenn ich mir die Wertsteigerung des Schweizer Franken in den letzten Jahren ansehe. Der einzige noch "privilegierte Stand" sind dort die Richter. Beamte gibt es nur noch im Außenministerium, den dort müssen gegenüber dritten Staaten hoheitliche Handlungen, im Auftrag des Souveräns (= Schweizer Stimmbürger) erfolgen.

Zurück zum Streik bei uns: Die angestellten Lehrer (= verfügbare Reservemasse) streikten mit dem berechtigten Anliegen, die Netto-Lohndifferenz zum beamteten Lehrer zu verringern. Fakt ist jedoch: Der Abstand hat sich vergrößert zugunsten der Beamten. Und, was noch viel verheerender ist: Zumindest ein Teil der angestellten Lehrer befindet sich als Geringverdiener mit Arbeitslosenzeiten im freien Fall in die Altersarmut. Das sind die Folgen von Systemfehlern.

Ich bin Altersrentner. Also könnte ich zur Tagesordnung übergehen. Was stört es mich? Für mich ist die Sache gelaufen, und ich habe auch privat vorgesorgt, was die Versorgungsberechtigten ja nicht müssen. Ich habe meine in über 55 Jahren Berufstätigkeit erworbenen Wertpunkte gesichert. Aber ich habe Kinder und Enkelkinder, und besonders für die Enkelkinder gilt: Sie befinden sich auf dem Weg in die Altersarmut. Umgekehrt jedoch ist es für diejenigen, die sich so freizügig bedienen, geübte Praxis, sich über die steigende Kluft zwischen Arm und Reich und die daraus resultierende Altersarmut zu entrüsten und anderen dafür die Schuld zu geben.

Hermann Bausch

Bensheim