Energiepolitik - Der Wirkungsgrad ist das große Problem Wasserstoff ist ungeeignet

Lesedauer

Im Vordergrund des Interesses am Wasserstoff (H2) steht seit der Ölkrise der 70er Jahre seine Eignung als Benzin- und Diesel-Ersatz. Dafür gibt es zwei technische Möglichkeiten. Bei der direkten Methode wird verflüssigter H2 einem modifizierten Otto-Motor zugeführt (LH). Bei der indirekten Methode wird Hochdruck-H2 in einer chemischen Apparatur mit Luftsauerstoff in Wasser verwandelt, wobei Strom für einen Elektroantrieb entsteht (BZ).

Durch die Verflüssigung soll das sehr große energiebezogene H2-Volumen an die Platzverhältnisse eines Mittelklasse-Pkw angepasst werden. Die Verflüssigung bei minus 253 Grad Celsius erfordert so viel Energie in Form von Strom wie etwa 40 Prozent des zugeführten H2 enthalten. Dieser energetische Nachteil wird durch die trotz Höchstisolierung des H2-Tanks unvermeidbare Verdampfung von 2 Prozent pro Tag verstärkt. Hinzu kommt, dass die Infrastruktur aufwendig und das LH-Handling im Alltag zu anspruchsvoll ist.

BMW hat seine Kryo-Car-Entwicklung nach den Erfahrungen mit einigen LH-Ausführungen der 7er-Reihe eingestellt. Große Erwartungen werden mit der BZ-Technik verbunden, zumal Daimler zurzeit ein entsprechendes Fahrzeug auf Basis des B-Modells erprobt und zur Serienreife bringen will. Das "F-Cell"-Auto enthält einen Hochdrucktank, der an einer Tankstelle mit 700 bar befüllt wird. Die Ballard-BZ an Bord erzeugt bei 70 Grad den Strom für den E-Antriebsmotor, der doppelt so effizient ist wie ein H2-Motor. Das "F-Cell" kann bei ruhiger Fahrweise 350 Kilometer weit kommen - 50 weiter als der 745 i LH. Was diese automobile High Technology fragwürdig macht, ist der niedrige Systemwirkungsgrad von lediglich 30 Prozent. Dieser ergibt sich aus der Bewertung des Energieflusses vom Windrad übers Netz zur Elektrolyse mit H2-Lagertank, von dort zur Tankstelle mit 700 bar-Kompressor zur Befüllung des Hochdrucktanks, der die gewichtige Brennstoffzelle speist, deren Stromerzeugung vom Antriebsmotor in Bewegungsenergie umgesetzt wird. Man vergleiche: Der Systemwirkungsgrad eines mit Windstrom betriebenen E-Mobils ist mindestesn 2,5 Mal so hoch.

Zum energetischen Schwachpunkt des BZ-Autos kommen die sehr hohen Kosten der anspruchsvollen chemischen Apparatur hinzu. Voraussichtlich bleibt es bei werbewirksamen Prototypen. Entscheidender Schwachpunkt der Energiewende ist die Quasi-Unmöglichkeit mit Windrädern zuverlässig zur Grundlast-Deckung beizutragen um AKW zu ersetzen. Abhilfe sollen Techniken der indirekten Stromspeicherung schaffen, so das "Power-to-Gas-Verfahren. H2 aus der mit Windstrom betriebenen Elektrolyse soll in einer chemischen Synthese mit reinem CO2 zu Methan reagieren. In Tanks gelagert kann das CH4 bei Flauten in Gaskraftwerken eingesetzt werden, um die Grundlast-Abdeckung zu sichern.

Die lange Wirkungsgrad-Kette dieses "Windgas"-Verfahrens endet mit rund 20 Prozent ab Windrad. Nicht berücksichtigt ist der Energieaufwand für die Abscheidung des erforderlichem CO2 aus dem Rauchgas von Kohlekraftwerken. Das bedeutet bildlich gesprochen, dass man fünf Nordsee-Windräder braucht, um mit der einem einzigen Windrad entsprechenden Leistung zur Stromversorgung in der Grundlast beizutragen. Das ist äußerst unrationell und somit hat auch diese Art von indirekt energetischer H2-Nutzung keine Chance. Wasserstoff wird in großen Mengen zu nicht-energetischen Zwecken durch Erdgas-Spaltung bei 700 Grad Celcius hergestellt, und zwar für die Synthese einer Vielzahl chemischer Produkte, namentlich Ammoniak. Das Wende-Problem "überschüssiger Windstrom" könnte gelöst werden, dass man zeitweise arbeitslose Windräder für die elektrolytische Erzeugung von Chemie-H2 einsetzt. Das würde Tausenden von Rotoren zu Vollbeschäftigung verhelfen.

Dr. Felix Conrad, Hockenheim

Mehr zum Thema

Kommentar Scholz’ Gipfel

Veröffentlicht
Kommentar von
Gudrun Büscher
Mehr erfahren