Kosovo - Entwicklungen, die zum Nachdenken anregen sollten / Hasspredigten in Moscheen Die Macht Saudi-Arabiens

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Im Jahr 1999 wurde der Kosovo durch eine von den USA geleitete militärische Intervention aus serbischer Unterdrückung befreit. Seit dieser Zeit haben saudi-arabisches Geld und saudi-arabischer Einfluss diese ehemals tolerante muslimische Gesellschaft, in der Koran und Scharia wie immer im traditionellen Islam keine Bedeutung besaßen, in eine Basis des Islamismus in Europa und ein gefährliches Sprungbrett für Dschihadisten verwandelt.

Die Saudis importierten nach 1999 Millionen von Euros in das durch den Krieg zerstörte Land, um ihre rigide Version des Islam, den Wahhabismus, zu propagieren und zu verbreiten. Zu diesem Zweck führten sie eine gewaltige Menge wahhabitischer und salafistischer Literatur ein, um durch diese Schriften junge Leute für ihre radikale Weltanschauung zu gewinnen.

Vor allem jedoch verkündeten in neuen, mit saudi-arabischem Geld errichteten Moscheen fanatische Prediger die Prinzipien des Wahhabismus: die Überlegenheit der (göttlichen) Scharia über alle weltlichen Rechtssysteme einerseits und den Grundgedanken des Dschihad andererseits. Nach wahhabitischer Auffassung legitimiert der Koran die Tötung von als häretisch betrachteten Muslimen, das heißt von allen Muslimen, die wahhabitische und salafistische Überzeugungen nicht teilen.

Nicht verwunderlich war es deshalb, dass in der Folgezeit ältere Imame, die der traditionellen Interpretation des Islam (kein Koran, keine Scharia) im Kosovo folgten, Opfer aggressiver Gewalttaten wurden. Wie üblich wurden darüber hinaus Todesdrohungen versandt, die die muslimische Gemeinschaft im Kosovo schwer erschütterten.

Der Einfluss der wahhabitischen Prediger erreichte seinen Höhepunkt mit dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien. Wie nicht anders zu erwarten hoben sie die Ideale des Dschihad hervor und drängten die Gläubigen dazu, sich dem "Islamischen Staat" anzuschließen. Originalton: "Es ist die Pflicht jedes Muslim, am Dschihad teilzunehmen. Das Blut der Ungläubigen ist das schönste Getränk für jeden Muslim!"

Erfolglos waren diese Predigten nicht. In den letzten beiden Jahren hat die Polizei im Kosovo 314 Kosovaren identifiziert, die sich zum "Islamischen Staat" aufgemacht haben, prozentual die höchste Zahl in ganz Europa.

2004 versuchte der damalige Premierminister Bajram Rexhepi ein Gesetz einzuführen, das extremistische muslimische Sekten verbieten sollte. Politiker und Beamte der Europäischen Union erklärten ihm jedoch, dass dies die garantierte Religionsfreiheit verletzen würde. "Sie wollten wohl einige islamische Länder nicht irritieren", meint Rexhepi heute.

Angesichts der Entwicklung im Kosovo könnte man sich auch im übrigen Europa überlegen, warum man Saudi-Arabien derartig freie Hand lässt:

"Was kommt aus dem Wahhabitenreich und aus den saudisch finanzierten Moscheen (allein in Molenbeek wurden zwei errichtet) außer Hasspredigten?

Die Botschaft der wahhabitischen Ideologie ist der Tod, ihre Macht der Petrodollar, und wenn der Westen seine Beziehung zu Saudi-Arabien nicht genau überdenkt, dann darf er sich nicht wundern, wenn jene Saat in seinen eigenen Hauptstädten Früchte trägt." (Najem Wali, Neue Zürcher Zeitung. Internationale Ausgabe, 3. Juni 2016).

Gunter Zimmermann, Oftersheim

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