Werbung und ihre Wirkung - Wer sich an die Tugenden hält, hat es manchmal schwerer als der, der es nicht tut Der Aufstieg der Untugenden

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Als vor geraumer Zeit das Wochenprospekt eines Discounters Billigklamotten mit dem Aufdruck oder der Prospekt-Titelzeile "Mach Dich krass" ankündigte, dachte ich so bei mir: Wie schräg ist das denn? Ist unsere Welt nicht schon krass genug? Wie schräg das sogar auf lokaler Ebene sein kann, konnte man dem hervorragenden Leserbrief von Dr. Roland Ullmann zum Thema Inklusion am letzten Samstag entnehmen.

Mit das Beste, was ich je gelesen habe, denn seine Argumente gehen weit über das Thema Inklusion hinaus, denn im Grunde stellt er ja auch die Frage: Wie gehen wir mittlerweile miteinander um?

Mir fällt da der Fall eines armen Rentnerpärchens ein, welches Pfandflaschen aus einem Glassammelcontainer fischt, um diese dem Mehrwegkreislauf wieder zuzuführen, wo sie ja eigentlich hingehören.

Anwohner, die dies beobachteten, machten sich nicht etwa Gedanken, weshalb in diesem reichen Land Menschen ihren Lebensunterhalt mit Pfandflaschensammeln bestreiten müssen, sondern sie riefen die Polizei. Der Fall landete - Dank eines eifrigen Staatsanwaltes - vor Gericht! Erst auf Nachfragen des Richters, um welchen Betrag es geht (1,44 Euro), platzte diesem der Kragen und direkt danach der Prozess. Zu den vier klassischen Kardinaltugenden wie Klugheit (oder Weisheit), Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung (Platon) kamen im Laufe der Zeit Uneigennützigkeit, Mitleid, Mut, Fairness, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeitssinn, Mäßigung, Gewaltlosigkeit, Geduld, Umsicht, Respekt und Toleranz hinzu.

Was unsere Gesellschaft seit geraumer Zeit prägt, sind leider eher Untugenden wie Hochmut, Habgier, Wollust, Völlerei, Zorn, Neid, Faulheit, Verlogenheit und nicht zuletzt Gleichgültigkeit und Intoleranz.

Dies wird immer öfter von der sogenannten "Elite" in Wirtschaft (Konzerne/Bankwesen) und Politik und übrigens auch im Sport (diverse Fußballprofis, Fifa ,Formel 1) vorgelebt und bricht mittlerweile durch bis auf die Ebenen der Gemeinden.

Schockierend sind für mich die immer öfter von Erbarmungs- oder Herzlosigkeit bis hin zur Bestialität geprägten Schlagzeilen. Wenn man diese verfolgt und deren Konsequenzen, dann bekommt man schon manchmal den Eindruck, dass die Chaoten mit Streicheleinheiten überhäuft werden, während diejenigen, die versuchen, sich an den Tugenden zu orientieren, es in Relation ungleich schwerer haben.

Wundert es da noch, dass immer mehr ein Verhalten an den Tag legen nach dem Motto: "Nach mir die Sintflut"?

Herbert Semsch, Brühl

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