Vogelzählung - Katzen als Ursache für den Rückgang Ein süßes effizientes Raubtier

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Alle Jahre wieder Vogelzählung und die abenteuerlichsten Erklärungen, weshalb es 40 bis 50 Prozent weniger Vögel bei uns gibt als vor zehn Jahren. Ich oute mich hier ganz bewusst als Vogelliebhaber und nicht als Lobbyist von Katzen.

Vorneweg: Wir hatten auch eine Katze, die hin und wieder eine Maus anschleppte. Anfangs verspeiste sie diese noch relativ zügig. Später spielte sie nur noch mit ihr. Mir oblag es dann, die Reste ihres Spieltriebes, manchmal noch lebend, in unserem Keller oder Hof einzusammeln und zu entsorgen. Sie fing alles. Libellen, die sich in den Garten verirrten, Maulwürfe, junge Feldhasen - alles was sich bewegte. Wie viele Vögel sie als Opfer ihres Jagdtriebes beseitigt hat, weiß ich nicht - denn Katzen haben so ihre Geheimnisse.

In seinem Buch hat der Ornithologe Peter Marrs Erhebungen durchgeführt, die zu dem Ergebnis kamen, dass die Katzenpopulation der Vereinigten Staaten (etwa 150 Millionen) pro Jahr zwischen 1,5 und 3,7 Milliarden Vögel ins Jenseit befördert. Zur Katastrophe für die Vögel kommt es vor allem durch die verstärkte massenhafte Katzenhaltung - gerade in unserer dichtbesiedelten westlichen Wohlstandswelt, gerade in verdichteten Stadt- und Gemeindegebieten. Sein Credo "rettet die Vögel, rettet das Kleingetier, schafft die Katzen ab oder lasst sie sterilisieren", das er aus Untersuchungen ableitet, ist jedoch sehr extrem.

Natürlich gibt es auch Argumente von Katzenliebhabern. Katzen gehen schon seit tausenden von Jahren vor die Tür - so lautet eines davon. Das stimmt, aber dadurch haben sie sich, mit Ausnahme der Antarktis, auf der gesamten Erde ausgebreitet. Insbesondere auf Inseln kann man das Jagen und seine Auswirkungen gut beobachten. Auf Stephen Island wurde 1894 ein Leuchtturm errichtet. Der Leuchtturmwärter brachte eine Katze mit, die mit ihrem Nachwuchs auf Streifzug ging. Die Insel war reich von Singvögeln besiedelt. Der Leuchtturmwärter sah in kürzester Zeit immer weniger Vögel, während ihm die Katzen zunächst immer mehr Vögel, jedoch meist nur tote, brachten. Die ursprünglich eine Katze schaffte es mit ihrer Brut, auf der Insel den gesamten Bestand an Vögeln innerhalb eines Jahres auszurotten. Das ist jedoch kein Einzelfall. Mindestens 14 Prozent aller Fälle, in denen Vögel oder Säuger ein für alle Mal verschwinden, lassen sich auf das Konto von Haus- oder verwilderten Kkatzen verbuchen.

Ein weiteres Argument pro Hauskatze: Meine Katze macht das nicht. Die hat immer einen vollen Fressnapf. Diese "Rundumversorgung" ändert nichts am Verhalten. Sie sind Raubtiere und leben auch ohne Hunger ihren Jagdtrieb aus. Meine Katze fängt sowieso nur schwache und kranke Vögel: Stimmt nicht, da gerade junge Vögel bei ihren ersten Flugversuchen zu den Opfern zählen. Und daran ändert auch ein Glöckchen am Katzenhals nichts. "Die Katze ist nur ein Raubtier unter vielen". Ja, aber eines, das extrem häufig geworden ist. Sie durchstreift locker 0,5 bis 1,0 Quadratkilometer und was sich bewegt und kleiner ist als sie, wird gemeuchelt.

"Das ist mir alles egal, ohne meinen Liebling, kann ich mir mein Leben nicht mehr vorstellen." Das ist auch verständlich, sieht man doch bei YouTube nur das niedliche Spielen der Katzen mit Wollknäueln, von Schrank zu Schrank hüpfend, einfach süß. Was nicht im Internet steht, wie der süße Stubentiger das kleine Rotkehlchen zu Tode quält.

Katzen richten auf freier Wildbahn einen enormen Schaden an. Das ist nicht wegzudiskutieren. Und es gibt viel zu viele von ihnen. Wie wäre es mit einer Katzensteuer? Warum nicht? Hundehalter werden schließlich auch zur Kasse gebeten. Oder man verzichtet eben auf eine eigene Katze. Nicht nur die Vögel würden es ihnen danken.

Robert Dietz, Oftersheim

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