Finanzlage und Hortplätze - Ketsch ist pleite? Von wegen, dann wird doch mit Kanonen auf Spatzen geschossen Das ist pure Schwarzmalerei

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Zum Leserbrief „Ketsch ist pleite – aber warum?“ in der Ausgabe vom 6. Februar wird uns geschrieben: In diesem Leserbrief habe ich erfahren, dass die Gemeinde Ketsch – man höre und staune zugleich – pleite sei.

Der zuständige Verfasser hat dies festgestellt und auch damit begründet, dass vier junge Mütter für ihre Kinder keinen Hortplatz bekommen. Als Vater kann ich auch mitfühlen, wenn dort keine freien Plätze vorhanden sind. Natürlich durften auch in diesem Brief die angeblichen Fehlinvestitionen – Marktplatz, Schwetzinger Straße und der wunderschöne große Kreisel – nicht fehlen. Erstaunt bin ich immer wieder aufs Neue, dass der Bau der Schwimmbäder und der Rheinhalle nicht erwähnt wird.

Mein erster Gedanke beim Lesen dieser Lektüre während des Frühstücks war, dass in naher Zukunft alle Straßenlaternen ausgehen, keine Kehrmaschine mehr durch die Straßen fährt und vielleicht sogar Schulen und Kindergärten geschlossen werden müssen.

Es ist aber auch bekannt, dass in Ketsch schon bessere finanzielle Möglichkeiten vorhanden waren. Es gelingt nicht mehr, in die aktuelle Haushaltsstruktur mittelfristig einen Ausgleich der Erträge und Aufwendungen herbeizuführen sowie eine Finanzierung der Investitionen ohne weitere Fremdmittel darzustellen.

Ich habe mich auch mit den Zahlen des Haushaltsplanes 2021 etwas vertraut gemacht und zudem externe Zahlen unter die Lupe genommen. Beim Statistischen Landesamt Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist Folgendes dokumentiert: Die Pro-Kopf-Verschuldung aller Gemeinden und ihrer Eigenbetriebe liegt bei 1178 Euro. Einsamer Spitzenreiter ist die Gemeinde Feldberg (Schwarzwald) mit 6090 Euro. Heidelberg und Mannheim sind mit jeweils über 5500 Euro im Verfolgerfeld. An dieser Stelle ein lieber Gruß an die Bundesgartenschau 2023 in Mannheim.

Unsere Gemeinde Ketsch wird in dieser Statistik mit exakt 900 Euro aufgeführt. Um weiterhin sportlich zu bleiben, hat Ketsch einen guten mittleren Tabellenplatz inne. Die Tendenz geht aber Richtung Relegationsabstieg. Zahlen also, die sich nicht negativ auf die Nachtruhe auswirken werden.

Durch den Weggang namhafter Firmen in der Vergangenheit und Aldi Süd im kommenden Jahr werden die Gewerbesteuereinnahmen schrumpfen. Der Gemeinderat hat im Januar die Haushaltssatzung und den Haushaltsplan mit absoluter Mehrheit genehmigt. Zustimmung kam übrigens auch von Bündnis 90/Die Grünen. In diesem Leserbrief wurde mal wieder – wie gehabt – viel leeres Stroh gedroschen.

Würde vonseiten der Verwaltung eine Handels- jedoch keine Steuerbilanz erstellt, es wäre für Nörgler und Besserwisser vermutlich eine nur schwer verdauliche Kost. Die stillen Reserven, umgangssprachlich auch Tafelsilber genannt, wären dort nachzulesen. Ich denke dabei zum Beispiel an Grund und Boden – Marktplatz, Bruchgelände et cetera, das sich im Eigentum der Gemeinde befindet. Es könnte – wenn politisch überhaupt gewollt – verkauft werden. Im Haushaltsplan 2020 wird eine vorhandene Cash-Rücklage von 7,5 Millionen Euro ausgewiesen. Und plötzlich ist Ketsch pleite. Mein lieber Herr Gesangsverein, aus Ketsch kommt immer mehr die Schwarzmalerei.

Vor vielen Jahren ist es unserem damaligen Bürgermeister Ferdinand Schmid gelungen, die Firma Aldi für eine Investition in unserer Gemeinde zu überzeugen. Störende Nebengeräusche gab es damals nicht. Für den ehemaligen und heutigen Kämmerer vermutlich eine gewisse Arbeitserleichterung. Etwa zum gleichen Zeitpunkt ist ein Großprojekt in unserer Nachbargemeinde Altlußheim gescheitert. Die Firma John Deere aus Mannheim wollte dort einen neuen Standort errichten. Durch öffentliches Gedöns bekam die Firma jedoch kalte Füße. Sie hat Bruchsal als neuen Standort ausgewählt. Sachlich unbegründete Behauptungen – Ketsch ist pleite – sind kein gesunder Nährboden für künftige Investoren in unserer Gemeinde.

Schwarzfahrer können in Deutschland sanktioniert werden. Schwarzmaler genießen die im Grundgesetz legitimierte Pressefreiheit. Noch ein kleiner Hinweis an den Finanzexperten: Eine Gemeinde in Deutschland kann nicht pleite gehen. Bei einer katastrophalen Schieflage bei den Finanzen wird ein sogenannter Staatskommissar eingesetzt, der die Befugnisse der gewählten Vertreter einschränkt.

Auf den Punkt gebracht, kann man nur sagen: Schuster bleib bei deinen Leisten.

Dieter Maurer, Ketsch

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