Gemeinderat Ketsch - Warum wird dem Grünen Günter Martin immer wieder das Wort abgeschnitten / Kritik an der CDU-Fraktion Demokratie braucht Meinungen

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Vor einigen Wochen war ich in anderer Angelegenheit beim Bürgermeister und habe ihn auch darauf aufmerksam gemacht, wie das auf mich wirkt, wenn ich mir eine Gemeinderatssitzung anhöre und erlebe, wie bei Einlassungen von Gemeinderat Günter Martin die Augen mancher Gemeinderäte verdreht werden, wie gestöhnt wird, wie der Bürgermeister sofort laut wird, wie man Bemerkungen macht. Ich schäme mich dann regelmäßig fremd, so etwas möchte ich mir nicht anhören und ansehen müssen. Das ist menschenverachtend.

Nun erschien ein Artikel der Ketscher CDU-Fraktion in der Zeitung und ich bin entsetzt, dass man sich in aller Öffentlichkeit dazu hergibt, jemanden zu mobben, ihm sogar die Intelligenz abspricht. Wie viel Angst muss die CDU-Fraktion vor einem einzelnen Mann haben, der den Finger auf vieles legt und sich dabei nicht beirren lässt. Das ist sicher manchmal unbequem und mühsam, aber wie heißt es so schön in Bettina Wegeners Lied: „Leute ohne Rückgrat haben wir schon genug!“

Im Protokoll der Sitzung zum Haushaltsplan steht im Amtsblatt, Günter Martin habe dem Haushaltsplan nicht zugestimmt, da er vieles nicht verstanden habe! Das ist ein riesengroßer Unterschied zu Unwissenheit oder womöglich Dummheit, wie es die CDU kolportieren möchte.

Was hat sie sich denn davon versprochen? Meint die Ketscher Fraktion, da kommen nun alle Leser der Schwetzinger Zeitung, verhauen Günter Martin und wählen die CDU? Auch ich habe beim Haushaltsplan vieles nicht verstanden, denn ich erinnere mich noch gut an die „Bürgeranhörungen“ 2014/2015 und dort an die Skepsis der Bürger zur Neugestaltung des Marktplatzes und die Einlassung des Bürgermeisters: Es sei alles schon bestimmt vom Gemeinderat, da habe der Bürger keine Mitsprache – man sei völlig schuldenfrei und man bekäme ja Zuschuss vom Land, den lasse man sich nicht entgehen.

Wenn ein Marktplatz beispielsweise 3,5 Millionen Euro kosten würde, man aber vielleicht 600 000 vom Land bekäme, müsste man immer noch einen Haufen bezahlen. Ich dachte, eine Gemeinde sei gehalten, mit Steuergeldern verantwortungsvolle Dinge zu tun, die notwendig sind. Dieser Marktplatz ist sicher nicht nötig, nicht einmal aus historischer Sicht. Vor allem, wenn man am Ende offensichtlich das Geld gar nicht hat. Vielleicht wird der Platz sogar schön, aber ich möchte stark bezweifeln, dass dort junge Familien und Jugendliche flanieren werden (Aussage des Planers bei der Anhörung). Es sei denn, jeder Gemeinderat bekommt die Auflage, dort zwei Stunden am Tag zuzubringen, worauf ich hoffe!

Ich glaube, dass sich die CDU mit diesem unwürdigen und ehrenrührigen Artikel so kurz vor der Wahl keinen Gefallen getan hat, denn deutlicher kann man nicht zeigen, wes Geistes Kind man ist. Hoffentlich kommen dann mal andere zum Zuge und diese jahrelange Hybris innerhalb dieses Netzwerkes hört auf. Ich halte die Bürger von Ketsch für weitsichtiger, kenntnisreicher und fairer als unsere CDU-Fraktion. Da ist mein Vertrauen in die Menschen ungebrochen!

Heidi Scherr, Ketsch

Zahlenreihen vorgetragen

Da bellt aber ein Hund, der getroffen ist. Wie jedes Jahr hatte die CDU viele Zahlen genannt, bei ihrer Stellungnahme zum Haushalt. Der Vortragende hat mit einem ungefähr 30-minütigen, einschläfernden Vorlesen von Zahlen alle Zuhörer zum Abschalten gebracht. Das war wohl beabsichtigt. Bei der letzten Haushaltsdebatte stand eine Frau auf und fragte, was das denn solle, dass hier diese langweiligen und unnötigen Zahlenauflistungen, die keiner versteht, vorgetragen werden.

Das ist Sache der Vortragenden, antwortete der Bürgermeister. Wie sich jede Fraktion äußert, ist alleine deren Sache. Auch die SPD und die Freien Wähler nannten viele Zahlen, aber die wichtigsten fehlten. Bis dann Günter Martin das ansprach: „Was die Vorredner gesagt haben, versteht keiner.“ Weiter fragte er den Kämmerer: „Was ist denn heute noch in der Kasse?“ Darauf erklärte der Sprecher der SPD: „Das steht doch auf Seite 338.“ Da hat wohl einer den Haushalt nicht gelesen?

Ich frage mich: Wieso wird nur Günter Martin in seinem Vortrag unterbrochen – und das immer wieder? Nicht nur der Bürgermeister, auch Gemeinderäte fallen nur ihm in seinen Vortrag? Den Haushalt gelesen? Nur weil ein Vortragender viele Zahlen abgeschrieben hat, hat er den Bürgern, die den Haushalt ja nicht lesen, nur das Protokoll der Gemeinderatsitzung im Amtsblatt, keine wesentlichen Fakten mitgeteilt. Der Kämmerer beantwortete die Anfrage von Günter Martin so: „Der Abschluss 2018 ist noch nicht fertig. Zurzeit haben wir noch 14 Millionen Euro in der Rücklage. Am Ende 2019 werden wir diese ausgegeben haben. Eindeutig am Ende des Jahres werden wir, wenn die Berechnungen und die Kosten stimmen, nichts mehr haben.“

Eindeutig, keiner der Vortragenden hat das so eindeutig angesprochen. Es ist aber so, dass bisher die tatsächlichen Kosten in Ketsch immer wesentlich höher waren als veranschlagt. Bezahlt werden muss 2019 die Schwetzinger Straße und ihre Plätze. Der Marktplatz zumindest zum Großteil, sofern er fertig wird. Die Neurottschule mit Mensa. Der Behelfshort auf dem Parkplatz am Rathaus. Der Anbau des Kindergartens in der Kolpingstraße. Die Schallschutzmaßnahen beim „Alla Hopp“. Die neuen Baustellen, obwohl die alten nicht fertig sind.

Jedem, der ein wenig die Gemeindepolitik verfolgt, ist klar, dass bei diesen vielen Kosten die veranschlagten Werte nie eingehalten werden. Normal in Ketsch. Mal sehen, ob die 14 Millionen reichen, ich kann mir das nicht vorstellen. Bei diesen vielen noch nicht abzusehenden Ausgaben, sollte man da nicht, wie Günter Martin vorgeschlagen hat, endlich anfangen zu sparen. Nein, sagt die CDU in ihrem Pressebericht. Wir machen weiter wie bisher, bis zur Wahl werden noch nicht alle Rechnungen bezahlt sein und wir werden am Wahltag verkünden können, dass wir zum Zeitpunkt der Wahl noch keine Schulden haben werden. Die CDU hat nicht gelogen.

Das ist Augenwischerei und das hat Günter Martin behauptet im Zeitungsbericht. Dem Vortragenden der CDU bescheinige ich seine Eignung als Vorleser zum Einschlafen.

Wilfried Windisch, Ketsch

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