Innenstadt - Fahrradwege besser ausweisen / Schwache Kontrollen Fußgänger kommen sozusagen unter die Räder

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Unter anderem Bezug nehmend auf den Artikel „Schwetzingen top, aber mit Schwächen“ (SZ, 10. April, Titelseite, Thema: fahrradfreundliche Stadt):

Wer sich heute mit dem Thema Fahrrad beschäftigt, liegt voll im Trend. Für Politiker die Möglichkeit, sich zu profilieren. Abgesehen von der klimaneutralen Mobilität geht es manchem darum, die schwächeren Verkehrsteilnehmer auf dem Velo zu schützen, was zu begrüßen ist.

In Schwetzingen (und anderswo) fällt nun ins Auge, dass das eigentlich schwächste Glied, nämlich der Fußgänger, dabei unerwähnt bleibt. In unserer schönen Stadt, in der es sich übrigens wirklich zu leben lohnt, fallen mir dabei schon seit langer Zeit repräsentativ zwei Beispiele auf: In der Carl-Theodor-Straße gilt für Radfahrer Rechtsverkehr, was durch entsprechende Verkehrsschilder manifestiert ist. Die verwaschene Bemalung auf dem Pflaster möchte ich nicht kommentieren, außer dass es sich dabei vielleicht um Fresken aus dem 12. Jahrhundert handeln könnte. Einheimische wissen, dass sie sich vorsichtshalber auf der Innenseite der Gehwege bewegen sollten, weil Radfahrer regelmäßig auf der falschen Seite – also wie im Linksverkehr – fahren. Fremde laufen mangels optischer Trennung in der Regel da, wo Platz ist. Dies führt bisweilen zu lautstarken Diskussionen und bedeutet gleichermaßen eine Gefahr für die beiden schwächsten Glieder im Verkehr.

Mein „Lieblingsthema“ ist allerdings die Fußgängerzone in der Mannheimer Straße. Fast täglich benutzen wir diese beliebte Einkaufsmeile zum Spazierengehen, Einkaufen oder um einen Happen zu essen. Wenn ich es richtig gelesen habe, dürfen Radfahrer dort ab dem Jahr 2014 fahren. Aber nur zwischen 18 und 11 Uhr.

Aber wen kratzt das? Ein paar schon, denn die steigen ab und schieben zähneknirschend ihren Drahtesel, so wie es sich gehört. Die Mehrheit schlingert im Zickzackkurs zwischen den Fußgängern durch und riskiert damit Unfälle, wenn sich die Fußgänger unvermindert zur Seite bewegen. Und nach Schulschluss kommt – juchhe – die Zeit der privaten Straßenrennen, wobei man ansonsten sagen muss, dass sich die Verkehrssünder altersmäßig die Waage halten.

Nun wird ja bei Verletzung der Verkehrsregeln ein Bußgeld fällig. Ordnungskräfte? Wir wohnen seit dem 11. November 2011 in Schwetzingen und ich habe seit dieser Zeit keinen einzigen uniformierten Beamten gesehen, der sich um diese Verkehrsverletzungen kümmert. Es gab wohl die eine oder andere Erziehungsaktion in der Fußgängerzone, aber da diese nicht mit Bußgeldern verbunden waren, kann man davon ausgehen, dass die Aufklärungen und Ermahnungen von den Verkehrssündern schnell ad acta gelegt wurden.

München ist Deutschlands „Radlhauptstadt“. Man sagt, es gibt dort zirka 750 000 Drahtesel, und an manchen Messstellen kommen jährlich Millionen von Pedaltretern vorbei. Man kommt sich dort bisweilen wie in einem Heuschreckenschwarm vor, da es jeder eilig hat, der in der Großstadt von A nach B will. Da geht es in Schwetzingen ein wenig geruhsamer zu, wenn auch fast so gefährlich.

Am 2. Mai 2019 erschien in der Schwetzinger Zeitung ein Artikel „Lange eingeordertes Friedhofskonzept wird endlich verwirklicht“ (Seite 10) über einen Bürgertreff der Schwetzinger Freien Wähler (SFW). Am Ende durften die Besucher ihre Anliegen vorbringen. Hierbei ergaben sich erhebliche Beschwerden über Radfahrer in der Fußgängerzone außerhalb der erlaubten Zeiten. Heureka!

Jochen Voigt, Schwetzingen