Corona-Pandemie - Auf den Weg zu neuen Lernorten machen Kinder sind die wahren Verlierer

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Das Corona-Problem, das vor ein paar Wochen zu radikalen Maßnahmen geführt hat, wurde in den Medien vorwärts und rückwärts diskutiert. Die Virologen wurden dabei in den medizinischen Fokus gerückt. Ihre Befunde waren zwar für unsere Gesellschaft relevant, konnten aber wenig dazu beitragen, den plötzlich auf uns hereinbrechenden Tsunami zu entschärfen.

So etwas haben wir – beziehungsweise die Welt – noch nicht erlebt. Selbst der Vergleich mit der Zeit nach 1945 liefert andere Aspekte, weil es damals Klarheit gab und alles kaputt war, wodurch es nur noch vorwärts gehen konnte. Heute dagegen erleben wir keine klare Zäsur, wir wissen nicht, wie kaputt die einzelnen Bereiche unserer Gesellschaft sind, da es augenblicklich zwar aufwärts zu gehen scheint, aber die Pandemie uns jederzeit wieder erschüttern kann.

In der aktuellen Krise wird auch die Wirtschaft heruntergefahren – mit großem volkswirtschaftlichen Schaden. Die Krisensymptome finden auch auf dem Bildungssektor heftigen Niederschlag. Das Thema des letzten Presseclubs im Fernsehen war: „Kinder als Corona-Verlierer – verspielen wir unsere Zukunft?“

Die Titelseite des letzten Spiegels hieß : „Schulversagen – wie das Virus die Schwächen unseres antiquierten Bildungssystems offenlegt.“ Der Paradigmenwechsel, Schulversagen nicht nur an den Leistungsdefiziten der Schüler und Schülerinnen festzumachen, sondern an den morbiden Strukturen des klassischen schulischen Bürokratiemodells, hat mir richtig gutgetan. Da wir solche Verwerfungen noch nie erlebt haben und alles für uns ganz neu ist, brauchen wir mindestens für die nächsten zwei Jahre – beziehungsweise bis zur Bereitstellung des Impfstoffes – eine neue Pädagogik.

Das Justieren einiger Stellschrauben und das Kurieren an Symptomen sind nicht mehr ausreichend. Vielleicht brauchen wir auch neue Lernorte neben den alten Schulgebäuden. Zielführend könnte auch ein Postulat der Freinet-Pädagogik sein: „Verlasst die Übungsräume“ (www.freinet-kooperative.de).

Auch meinen Garten könnte ich mir als neuen Lernort vorstellen, den ich in mehreren Jahrzehnten nach dem Prinzip der Permakultur angelegt habe. Vor ein paar Tagen waren ein Kita-Mädchen und ihre Schwester aus der ersten Schulklasse zu Besuch bei mir im Garten.

Vor Corona durften sie auch in den Flur, wo wir generationen-übergreifend den Treppenlift genutzt haben. Im Garten, wo sich viele Büsche und Bäume befinden, aber es keinen Rasen gibt, haben die Beiden intensiv das Gelände genutzt und am Ende drei Bäume als Klettergerüst entdeckt. Die Erlebnisse im Garten haben das Schulmädchen so beeindruckt, dass sie auch etwas darüber geschrieben hat. Letztlich wurden dabei auf ganz natürliche Weise die zwei Schulfächer Sport und Schriftspracherwerb gefördert.

Anton Strobel, Brühl