Bundestagswahl - Die Gerechtigkeit der Linken, das geschmacklose Plakat der NPD und die große Freiheit, frei wählen zu dürfen Rassistische Meinungsmache

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Alle Affen sind Säugetiere, aber nicht alle Säugetiere Affen. Diese doch an sich recht einfache Logik scheint für die Wahlkampfstrategen der NPD nicht zu gelten. Auf einem Plakat - in unmittelbarer Nähe einer Asylantenunterkunft - erhebt eine blauäugige Blondine abwehrend eine Hand. Dazu der Text: "Finger weg, Nafri ich bin keine Freiwild". Darunter etwas kleiner gedruckt: Heimat verteidigen. NPD.

Es soll hier wohl an die schlimmen Übergriffe Nordafrikaner gegenüber Frauen in der Silvesternacht am Kölner Bahnhof erinnert werden. Mit diesem Plakat werden dann automatisch die hier lebenden Nordafrikaner potenziell zu ebensolchen Kriminellen gemacht.

Anstatt den Aushang eines Plakats mit solch diskriminierenden Inhalt zu unterbinden, wird hier vom Ketscher Ordnungsamt nur geprüft, ob das Plakat "den Richtlinien entsprechend" angebracht ist. Solche rassistische Meinungsmache stellt meiner Meinung nach unabhängig vom aktuellen Wahlkampf eine Gefahr dar. Dass es laut Artikel 3 unseres Grundgesetzes verboten ist, Menschen auf Grund ihrer Herkunft zu diskriminieren, scheint (oder darf?) dem Ketscher Rathaus offenbar nicht so wichtig zu sein wie das ordnungsgemäße Anbringen eines solchen Plakates.

Christel Keller, Ketsch

Wehret den Anfängen

Nie wieder: Freiheitsverlust, Hexenjagd und Denkverbote. Ich dachte, wir hätten bestimmte Zeiten hinter uns, aber die Demokratie hört für viele mittlerweile da auf, wo eine andere Meinung anfängt. Ich bin zutiefst besorgt, was seit geraumer Zeit geschieht. Mit Andeutungen, Vermutungen oder bewusst skurrilen Irreführungen - neudeutsch Fakes - bis hin zu Diffamierungen, treiben Meinungs-Rattenfänger ihr Unwesen.

Dass manche Individuen recht schnell eine Wortwahl unter der Gürtellinie wählen, liegt vielleicht daran, dass der Wortschatz über der Gürtellinie recht mager ist. Und trotzdem halte ich es in puncto Meinungsfreiheit mit Voltaire: "Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass Du es sagen darfst!" Die Freiheit, die wir uns hart erkämpft haben, ist ein hohes Gut, die wir uns von niemanden nehmen lassen sollten! Denn mit dem ersten Glied wird die Kette der Unterdrückung geschmiedet: Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, sind wir alle unwiderruflich gefesselt. Also wehret den Anfängen!

Herbert Semsch, Brühl

Bürger von der "Groko" regiert

In Regierungszeiten einer sogenannten Großen Koalition (Groko) hatten wir Bürger immer den Eindruck, dass die Regierenden es mit der Demokratie nicht so genau nehmen. Siehe Vergangenheit: Studenten-Revolten 1960er Jahre, Nato-Doppel-Beschluss, Asylsuchende.

Aber nun hat man die Befürchtung, dass das Krokodil der nächsten Regierung, egal ob CDU/FDP oder SPD/Grüne/Linke, sich ein paar Gliedmaße von uns Altbürgern holen wird, wie zum Beispiel Arbeiternehmerrechte, Urlaubstage, Lohnfortzahlung, Sonntagsschutz. Aber das ist nur natürlich, es braucht zum Überleben vielleicht einen Flüchtlingssolidar-Beitrag - wir werden sehen.

Nach der Wahl wird Merkel (wenn es die USA zulässt) das Handelsbilanzdefizit weiter ausbauen, die europäischen Partner wie Frankreich und Italien werden mahnen aber nicht fordern. Dabei sind wir es, die von unserem europäischen Nachbarn abhängig sind. Exportieren wie ein Weltmeister und den Zuchtmeister für die Schuldnerländer spielen. Und die böse Afd fordert 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg einen Friedensvertrag - ist es noch zu früh? Eine gefährliche Mischung, die hier entsteht. Wir brauchen Europa, aber nicht das Europa von Brüssel.

Jürgen Gold, Reilingen

Glaubwürdigkeit gestern - heute!

In den Wochen vor der Bundestagswahl überbieten sich die Parteiverantwortlichen gegenseitig mit vollmundigen Versprechen und jeder beansprucht für sich, das bessere Konzept für die Zukunft des Landes zu haben. Wie glaubwürdig sind aber diese Versprechen? Ich erinnere nur an den Ausspruch von Altkanzler Konrad Adenauer: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!"

Auch Bundeskanzlerin Merkel sagte einmal, dass es mit ihr keine Maut geben werde. Wir wurden eines Besseren belehrt. Herr Gabriel, damals noch als SPD-Vorsitzender, versprach vor der letzten Bundestagswahl, die Rüstungsexporte zu halbieren. Eingelöst wurde auch dieses Versprechen nicht. SPD-Kanzlerkandidat Schulz verspricht jetzt, für soziale Gerechtigkeit sorgen zu wollen. Aber nur für den Fall, dass er tatsächlich zum Bundeskanzler gewählt wird. Leider vergisst er zu erwähnen, wie er sich als SPD-Parteichef bei einer Wahlniederlage ins künftige Politikgeschehen einbringen will. Es ist sicherlich wenig hilfreich und nicht gerade zielführend, wenn der Chef des Bundeskanzleramts, Herr Altmaier, dazu rät: "Lieber nicht wählen, als AfD wählen."

Wie glaubwürdig also können Verantwortliche in Politik und Wirtschaft noch sein, wenn, wie beim Diesel-Gipfel geschehen, das Ergebnis schon vor der ersten Diskussionsrunde feststeht. Und warum gilt hier nicht das Verursacherprinzip?

Als Bürger bleibt man nur noch ratlos zurück. Ich werde trotzdem wählen, auch wenn mir das Ergebnis dann nicht gefallen sollte. Denn dieses Privileg, frei wählen zu können ist ein hohes und hart erkämpftes Gut, das wir nicht leichtfertig herschenken dürfen.

Für die Zukunft wünsche ich mir: "Frieden im eigenen Lande, Frieden überall." Dieses Zitat von Mustafa Kemal Pascha Atatürk, dem Begründer der Republik Türkei sollte wieder in den Denkstrukturen der weltweit Verantwortlichen Platz finden und verankert werden. Gerhard Kiermeier, Hockenheim

Sahra Wagenknecht

Als politisch interessierter Bürger habe ich die Gelegenheit genutzt, Sahra Wagenknecht bei ihrem Besuch in Schwetzingen einmal "aus der Nähe" zu sehen. Ich hatte sogar die Möglichkeit, ihr nach der Veranstaltung eine Frage zu stellen. Ich wollte wissen, da sie ja eine Begrenzung von Managergehältern auf das 30-Fache des Verdienstes des am niedrigst Bezahlten im Betrieb beschränken will, ob sie denn auch für eine Begrenzung der Gehälter von Spitzensportlern ist. Sie sagte mir, dass die Sportler nach ihren Vorstellungen ja für Einkommen, das über einer Million Euro liegt, den Spitzensteuersatz von 75 Prozent zahlen müssten, und dass Sportler ja im Gegensatz zu Managern nicht für Personen verantwortlich sind.

Aber genau das widerspricht sich ja: Die Sportler haben eben keine Verantwortung für tausende von Menschen wie beispielsweise ein Konzernchef. Mir erschließt sich nicht, warum ein Fußballer 10 Millionen verdienen darf, ein Manager aber nicht. Ist die Einzelleistung eines Sportlers so viel mehr wert als die Leistung eines Managers, der für Tausende verantwortlich ist?

Es waren bei der Rede Wagenknechts durchaus vernünftige Punkte dabei, was zum Beispiel den Niedriglohnsektor oder Rüstungsexporte angeht. Bei den Rentenvorstellungen der Linken hingegen, werde ich schon wieder stutzig: Wenn alle einzahlen müssen (zum Beispiel auch Selbstständige), bekommen hinterher doch auch alle etwas heraus. Hebt sich das nicht auf?

Und: Wenn ich als Selbstständiger gleich behandelt werden soll, müsste ich dann nicht bei den Sozialversicherungen auch nur den gleichen Betrag wie ein Arbeitnehmer einzahlen müssen? Der Selbstständige jedoch muss den kompletten Beitrag selbst aufbringen, er selbst hat also die doppelte Belastung wie ein Arbeitnehmer (bei diesen teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Beitrag)! Und das bei Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung! Das macht schon ein paar hundert Euro im Monat aus!

Werden so Menschen, die den Mumm haben, sich selbstständig zu machen und sich nicht ins gemachte Nest eines bestehenden Betriebes setzen, den Andere mühsam aufgebaut haben und die zudem Arbeitsplätze für die potenziellen Angestellten schaffen, etwa "gerecht" behandelt?

Andreas Clewe, Schwetzingen

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