Corona-Hilfe in Nepal - Die Schwetzinger Krankenschwester Nabina Lama will ihre Verwandten und deren Nachbarn retten / Spendenkonto bei der VR Bank eingerichtet

Sie sterben an Hunger, nicht so sehr am Virus

Von 
Jürgen Gruler
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Deutschland leidet am Coronavirus, es gibt Todesfälle, die bedauerlich sind und in der Wirtschaft knarrt es kräftig im Gebälk. Aber Hunger leiden muss hier niemand, die Hilfsprogramme sind vielschichtig und die sozialen Netze gut gespannt. Wie das ist, wenn die fehlen, können wir schon jetzt gut in den USA an den Warteschlangen der Armenspeisungen besichtigen. Wenn aber eine Ausgangssperre erlassen wird und gar nichts mehr funktioniert, weder Hilfsgüter verteilt werden, noch das Gesundheitssystem gut arbeitet, dann bliebe das dem Großteil der Welt verborgen, wenn es nicht Menschen wie Nabina Lama bei uns in der Nachbarschaft gäbe, die davon erzählen, weil sie Kontakt halten.

Jetzt stand sie in unserer Redaktion, musste immer wieder Tränen aus den Augen wischen, als sie von ihrer Familie und deren Nachbarn in Nepal erzählte. „Bei uns gibt es Coronafälle, offiziell sind rund 50 000 gemeldet, aber die Menschen sterben vor allem an Hunger. Durch die strikte Ausgangssperre können sie nicht zur Arbeit und verdienen damit keine Rupie. Sie kehren den Städten den Rücken und gehen aufs Land zu Verwandten, die etwas anbauen. Aber die haben auch nicht genug für alle, die jetzt kommen. Gastarbeiter, die im Ausland, vor allem auf den großen Baustellen und in Haushalten in arabischen Ländern, Geld für die ganze Familie verdienen, wurden dort ausgewiesen und kommen zusätzlich ins Land“, sagt Nabina Lama dieser Zeitung.

Die Inder, mit denen ja seit Jahrzehnten ein Waffenkonflikt schwelt, haben die Grenzen dichtgemacht und so bleiben auch internationale Hilfslieferungen für das Land im Himalaya aus. 2015 hatte ein schweres Erdbeben Nepal heimgesucht, fast 9000 Menschen sind dabei umgekommen, Zehntausende wurden schwer verletzt, verloren Gliedmaßen und noch heute sind 20 Prozent der Gebäude nicht wieder aufgebaut. Schon damals hatte die Wahl-schwetzingerin Nabina Lama (31) zusammen mit unserer Zeitung eine Hilfsaktion gestartet. Gut 8000 Euro kamen zusammen und gingen Cent für Cent direkt an die Betroffenen in Nabinas Heimatstadt Bhaktapur. Nabina nahm sich in der GRN-Klinik Urlaub, reiste mit ihren eigenen Ersparnissen dorthin, half freiwillig und gratis im Krankenhaus aus. „Ich habe dort auch für ein Ärzteteam aus Großbritannien übersetzen können“, erzählt sie uns. Auch das Haus ihres Cousins wurde wieder aufgebaut, damit er nach seinen schweren Verletzungen durch die Trümmer, wieder mit seiner Familie darin leben kann.

Bis heute sind die Schäden vom Erdbeben nicht verwunden, da trifft die Menschen, die sonst als Tagelöhner arbeiten, sich als Träger für Touristen, die jetzt komplett ausbleiben, verdingen, also quasi von der Hand in den Mund leben, eine Ausgangssperre besonders hart. Sie können die Mieten, auch wenn sie noch so niedrig sind, nicht mehr bezahlen, leben auf der Straße oder flüchten in ihre Heimatdörfer zurück. In der Hoffnung, dort von dem wenigen, das ihre Verwandten anbauen und ernten, etwas abzubekommen.

Wer krank wird oder einen Unfall hat, ist besonders schlimm dran. Krankenhäuser verlangen bei der Einlieferung einen Corona-Test, der kostet den Patienten 5000 Rupien, mehr als ein Nepalese im Monat verdient. Wer ihn nicht bezahlen kann, wird nicht behandelt, erzählen die Verwandten von Nabina am Telefon. Die Zahl der Suizide steigt, es gibt eine Protestbewegung junger Leute gegen die korrupte Regierung, die sich machtlos gegen das Coronavirus zeigt – auch in der alten Königsstadt Bhaktapur wurde schon demonstriert.

Vielleicht gelingt es ja, einigen Familien über die Krise zu helfen, jeder Euro zählt. Die VR Bank Kur- und Rheinpfalz hat ein Gratis-Spendenkonto eingerichtet. Wir garantieren die Verwendung der Gelder. Helfen Sie unter dem Stichwort „Nepal“ auf dem Konto DE36 5479 0000 0001 5673 57.

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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