Straßenbeiträge - alle zahlen zu viel

Von 
Klaus Koch
Lesedauer: 

Zum Thema "Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge":

In Bürstadt sollen noch im Dezember die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge von der Stadtverordnetenversammlung final beschlossen werden. Statt "Wenige zahlen viel" (bisherige Regelung der einmaligen Straßenbeiträge) lautet das Argument nun "Viele zahlen wenig". Die bei der Bürgerinformation am 24. Oktober veröffentlichten vorläufigen Zahlen belegen aber, dass in Bürstadt für die nächsten Jahrzehnte gilt: "Alle zahlen zu viel."

Zunächst ist festzustellen, dass mit der Einführung der wiederkehrenden Straßenbeiträge die alte Regelung entfällt, nach der Grundstücksbesitzer an Anliegerstraßen 75 Prozent der Erneuerungskosten tragen mussten, an innerörtlichen Durchgangsstraßen 50 Prozent und an überörtlichen Durchgangsstraßen 25 Prozent. Nach der neuen Regelung gilt für alle Straßen im Bürstädter Stadtgebiet ein einheitlicher Faktor von etwa 67 Prozent, den die Grundstücksbesitzer tragen müssen. Bei dem für die nächsten fünf Jahre vorgestellten Straßenerneuerungsprogramm entstehen wesentliche Kosten durch Maßnahmen an innerörtlichen Durchgangsstraßen (bisheriger Kostenanteil 50 Prozent). Dies führt dazu, dass bei den wiederkehrenden Straßenbeiträgen mit dem Beitragssatz von 67 Prozent die Gemeinschaft der Grundstücksbesitzer rund 1 Million Euro mehr zahlen muss, als bei der alten Regelung.

Als Anfang des Jahres die Vorteile der wiederkehrenden Straßenbeiträge vorgestellt wurden, war von Beiträgen im niedrigen dreistelligen Bereich die Rede. Beispielrechnungen zeigten Beiträge zwischen 50 und 100 Euro pro Jahr. Leider treffen diese Aussagen nicht für Bürstadt zu. Laut den vorläufigen Kalkulationszahlen ist im Stadtgebiet pro Quadratmeter Grundstück ein Beitrag von etwa 35 Cent zu erwarten. Bei einer typischen Grundstücksgröße von 700 Quadratmetern und bei zweistöckiger Bebauung ergibt sich für den Besitzer ein jährlicher Beitrag von rund 310 Euro. Dieser Wert liegt in der Größenordnung der aktuell zu zahlenden Grundsteuer B!

Die Sinnhaftigkeit der Maßnahme wird zusätzlich durch folgende Fakten in Frage gestellt: Laut Aussage des Bauamtes gibt es in Bürstadt rund 240 Straßen. Gemäß dem vorliegenden Straßenerneuerungsprogramm sollen in den nächsten fünf Jahren zwölf Straßen (viele nur in Teilabschnitten) grundhaft erneuert werden. Wenn in diesem Rhythmus in den folgenden Jahren so weiter gearbeitet würde, würde Bürstadt mindestens 100 Jahre benötigen, um alle Straßen in einen ordentlichen Zustand zu bringen. Das heißt, die Straßen gehen schneller kaputt, als sie erneuert werden können.

Wenn Bürstadt seine Straßen erhalten möchte, sind mehr Erhaltungsmaßnahmen notwendig. Folglich werden nach den ersten fünf Jahren die wiederkehrenden Straßenbeiträge voraussichtlich in den oberen dreistelligen Euro-Bereich steigen. Es wird Grundstücksbesitzer geben, die über Jahrzehnte Beiträge von 750 Euro und mehr pro Jahr zahlen müssen, es aber nicht erleben werden, dass vor ihrer Haustür die Straße grundhaft erneuert wird.

Die bisher in Bürstadt geltenden einmaligen Straßenbeiträge sind trotz der hohen Einmalzahlung die weitaus günstigere und gerechtere Variante. Außerdem entfallen bei dieser Variante die zusätzlichen jährlichen Kosten für den umfangreichen Pflegeaufwand der Daten durch einen externen Dienstleister.

Vielleicht war es keine gute Idee der Stadtverordneten, sich von einem Berater informieren zu lassen, der Aufsichtsrat bei der Firma ist, die nun federführend die Einführung der wiederkehrenden Straßenbeiträge in Bürstadt umsetzt. Andere Kommunen lassen sich auf neutraler Basis von einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht beraten.

Die Einführung der wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge ist bei den spezifischen Gegebenheiten der Stadt Bürstadt ein teures und aufwendiges Vorhaben und sollte umgehend gestoppt werden.

Copyright © 2024 Südhessen Morgen