Mit Beitritt zum ZAKB wird Bürgern verdeckte Gebührenerhöhung verkauft

Von 
Karl Klemm
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Zum Bericht "Neue Gebühren überzeugen nicht alle" vom 6. September.

Vieles in Verwaltung und Kommunalpolitik kann ich nachvollziehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass alles mein ungeteiltes Verständnis fände. Kein Verständnis habe ich jedenfalls, wenn es in dem Artikel heißt: "Wer viel Biomüll produziere - etwa weil er Gartenabfälle hat - sei gehalten, die Sammelstellen des ZAKB in Anspruch zu nehmen."

Diese Aussage entbehrt nicht eines - hoffentlich unbeabsichtigten - Zynismus. Sehe ich mich in unserer Straße um, stelle ich fest: Hier wohnen ältere Menschen ohne eigenes Fahrzeug, die mit ihren Haushaltsmitteln und ihren körperlichen Kräften schon genau kalkulieren müssen. Sie werden nicht in der Lage sein, die Sammelstellen des ZAKB in Anspruch zu nehmen, selbst wenn sie wollten. Ergo kann man hier durchaus eine verdeckte Gebührenerhöhung und eine Verschlechterung öffentlicher Dienstleistungen konstatieren. Das gilt auch für Berufstätige. Ich muss dabei nicht besonders darauf hinweisen, dass der Einzel- längst vom Doppelverdienerhaushalt abgelöst wurde. Zudem sind viele Vollzeitbeschäftigte auf eine Nebentätigkeit angewiesen. Diese Menschen, vor allem Familien mit Kindern, haben sicher anderes zu tun, als Müll zur Sammelstelle zu transportieren.

Seit Jahren trenne ich gewissenhaft unseren Müll, aber das Versprechen auf Gebührenentlastung wurde nicht eingelöst. Die Müllgebühren sind nicht gesunken, sie sind gestiegen. War bisher meine Gartenarbeit mit dem Einfüllen der Gartenabfälle in die Biotonne beendet, werde ich zukünftig, will ich die Sammelstelle in Anspruch nehmen, um vordergründig Gebühren zu sparen, einen höheren Arbeits- und Zeitaufwand und eine zusätzliche Fahrstrecke in Kauf nehmen müssen. Machte ich mir nun die allgegenwärtige betriebswirtschaftliche Denkweise zu eigen, könnte ich folgende Rechnung aufmachen:

Gartenabfälle bündeln, einladen, zur Sammelstelle fahren, ausladen, zurückfahren macht mindestens eine Arbeitsstunde und vier Kilometer Fahrstrecke. Legte ich den Mindestlohn von 8,84 Euro plus einer Kilometerpauschale von 50 Cent zu Grunde, bedeutete dies zusätzliche Kosten von (eine Stunden à 8,84 Euro Mindestlohn plus vier Kilometer mal 50 Cent Kilometerpauschale) summa summarum 10,84 Euro.

Ein Wort zur Papiertonne, die zukünftig genauso oft abgeholt werden soll wie bisher: Papier und Kartonage stellen sekundär Rohstoffe dar, aus deren Verkauf der Entsorger einen Erlös erzielen kann.

Mag sein, dass der Beitritt der Stadt zum ZAKB in den Augen von Verwaltung und Kommunalpolitik "alternativlos" ist, so bleibt der schale Beigeschmack, dass den Bürgern eine verdeckte Gebührenerhöhung und eine Verschlechterung öffentlicher Dienstleistungen verkauft werden soll.

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