Religionsunterricht hat Platz für Glaubende und Suchende

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Zu „AMS gibt Ethik-Unterricht auf“, „SHM“ vom 15. Dezember

Zugegeben: Der Artikel zur Abschaffung des Ethik-Unterrichts an der AMS ist auf weite Strecken sachlich gehalten. Zugegeben: In Teilen der Viernheimer Bevölkerung (und im Einzugsgebiet der AMS) sind Fragen und Sorgen vorhanden, die den zukünftigen Kurs der AMS in diesem Punkt betreffen. Zugegeben: Ein Kommentar darf, muss sogar subjektiv sein. Doch darf er wichtige sachliche Aspekte außen vor lassen und sich damit dem Vorwurf aussetzen, oberflächlich und in der Tendenz populistisch zu sein?

Um es an zwei Punkten zu verdeutlichen: Jeder Träger einer Privatschule in Deutschland hat das Recht (und die Pflicht), auf der Grundlage der grundgesetzlichen und gesetzlichen Vorgaben sein eigenes Schulprofil zu entwerfen. Das gilt für Sportgymnasien, das gilt für Walldorfschulen und das gilt auch für Schulen in kirchlicher Trägerschaft. Dass zu diesem Profil die verpflichtende Teilnahme am Religionsunterricht (katholisch oder evangelisch) gehört, ist bundesweiter Konsens. Wo „Schule in kirchlicher Trägerschaft“ draufsteht, sollte auch „Schule in kirchlicher Trägerschaft“ drin sein. Natürlich kann man darüber streiten, ob nicht auch dort Ethik als Ersatzunterricht angeboten werden könnte. Aber es ist auch legitim und gut begründet, es nicht zu tun.

Das hängt auch und vor allem an (m)einem zweiten Punkt: Welches Verständnis von Religionsunterricht liegt dem Kommentar zugrunde? Sollen hier etwa Kinder und Jugendliche „missioniert“ werden? Religionsunterricht ist keine Gemeindekatechese und keine Glaubensunterweisung! Selbstverständlich kommt der Glaube zur Sprache, selbstverständlich wird in Projekten, im Religionsunterricht und in den Schulgottesdiensten Glaube erfahrbar und erlebbar – aber doch unter der Voraussetzung, jungen Menschen Orientierung zu geben für ihren eigenen Weg, auch in Fragen des Glaubens.

Religionsunterricht hat Platz für Glaubende, für Suchende, für Zweifelnde und auch für Nichtglaubende. (Ganz persönlich: Bei mir haben in den vergangenen Jahrzehnten einige Schülerinnen und Schüler eine im Übrigen sehr gute Abiturprüfung abgelegt, die sich als Atheisten oder als Agnostiker verstanden haben.) Dort wird kein Glaubensbekenntnis erwartet, aber eine gründliche und angemessene Auseinandersetzung in Fragen des Glaubens, der Kirche und der Religion. In einem so verstandenen Religionsunterricht haben auch Nichtgetaufte und Angehörige anderer Religionen und Religionsgemeinschaften Platz – und sind im Übrigen eine Bereicherung.

Der „SHM“ darf zu Recht von mir und anderen Religionslehrern eine seriöse Einstellung und Arbeit erwarten – und diese Erwartung habe ich auch an Journalisten.

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