1. Mai - Rund 2000 Teilnehmer an Demonstration und Kundgebung in der Innenstadt

Sorge um die Arbeit am Tag der Arbeit

Von 
Heiko Brohm
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Die Stellenstreichungspläne von General Electrics (GE) waren ein großes Thema der Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes gestern in der Innenstadt.

© Tröster

Nicht jeder, der an diesem Sonntag auf den Marktplatz gekommen ist, hat Sorgen. "Ich bin mit meinem Arbeitgeber im Einzelhandel sehr zufrieden und schaue zuversichtlich in die Zukunft", sagt Nuray Sengün-Hübel. Sie sitzt auf einer Bank und hört den Reden auf der Bühne zu. "Aber ich will eben auch sehen, wie es in den anderen Branchen aussieht." Und da blickte gestern bei der Demo und der Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zum Tag der Arbeit nicht jeder zuversichtlich in die Zukunft.

Wobei sich Klaus wirklich anstrengt. Seinen ganzen Namen möchte der 43-Jährige lieber nicht sagen, "wegen des Jobs". Seit er 16 Jahre alt ist, arbeitet er bei dem Unternehmen, das seit kurzem General Electric (GE) heißt, seit der amerikanische Konzern die Energiesparte von Alstom samt dem Käfertaler Werk übernommen hat. "Ich versuche, es noch positiv zu sehen", sagt er. "Ich habe schon viel erlebt, aber so schlimm war es noch nie." Darum ist er auch auf den Marktplatz gekommen. Denn nur gemeinsam mit den Gewerkschaften und der Öffentlichkeit ließen sich die geplanten Stellenstreichungen noch verhindern, glaubt der 43-Jährige.

"Wir sind doch die Kaufkraft"

Rund 2000 Menschen sind gestern dem Aufruf des DGB zum Tag der Arbeit gefolgt - manche aus Betroffenheit wie die GE-Beschäftigten, andere aus Interesse wie Nuray Sengün-Hübel, und wieder andere "aus Solidarität mit den Kollegen", so wie Gottfried Wolf. Er arbeitet in der Chemiebranche, in den vergangenen Jahren war er bei der Maikundgebung immer dabei, erzählt er. "Wir müssen zeigen, dass wir Arbeitnehmer auch noch da sind und nicht nur die große Wirtschaft." Ob die traditionellen Veranstaltungen wie der Tag der Arbeit da etwas bringen? Der 60-Jährige überlegt kurz. "Stellen Sie sich doch mal vor", antwortet er, "diesen Tag würde es nicht mehr geben und wir wären nicht hier, dann würde uns niemand mehr beachten." Dabei sei es doch wichtig, auch für gute Bezahlung zu werben, "wir sind doch die Kaufkraft", sagt er, und ohne Geld könnten die Menschen eben auch nichts mehr kaufen.

Elisabeth Möller, Betriebsratsvorsitzende von GE, kündigt in ihrer Rede auf dem Marktplatz weiter harten Widerstand gegen die Streichungspläne des Unternehmens an. Sie spricht von einem "Arbeitskampf ums Überleben" beim General Electric-Standort in Mannheim. Dabei spielten wirtschaftliche Überlegungen beim Vorgehen des amerikanischen Konzerns gar keine Rolle. "GE hat einfach die Gelegenheit genutzt, mit dem Kauf der Energie-sparte von Alstom einen Wettbewerber vom Markt zu nehmen, um ihn dann komplett zu zerschlagen", sagt Möller. Dem amerikanischen Management wirft sie Arroganz und Kaltherzigkeit vor - "wir sind hier aber in Europa und nicht im Wilden Westen." Als Hauptredner ist Burkhard Siebert, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), auf dem Marktplatz dabei. Er fordert höhere Renten, eine Anhebung des Renteneintrittalters, so wie es Finanzminister Wolfgang Schäuble kürzlich vorgeschlagen hat, wies der Gewerkschaftsvertreter dagegen als "verkappte Rentenkürzung" zurück. "Damit steigt die Zahl derjenigen, die es nicht gesund ins Ziel schaffen und gezwungen sind, vorzeitig mit höheren Abschlägen aus dem Erwerbsleben auszusteigen."

Auch der AfD widmet sich Siebert in seiner Rede. Die Partei könne keine Alternative für Arbeitnehmer sein, schließlich sei sie gegen die Erbschaftssteuer und für Hartz-IV-Sanktionen und vertrete ein überkommenes Frauen- und Familienbild.

Verspäteter Beginn - Kurden schwenken PKK-Fahnen

  • Am 1. Mai wird international von Gewerkschaften und politischen Organisationen der Tag der Arbeit begangen.
  • Aufgerufen zu der Demonstration durch die Innenstadt und Kundgebung auf dem Marktplatz gestern hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).
  • An der Veranstaltung beteiligen sich regelmäßig auch türkische und kurdische Gruppen.
  • Zu Beginn des Demonstrationszuges gestern kam es zu einer Verzögerung, weil einem Polizisten mehrere Fahnen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK aufgefallen waren. Zudem wurde nach Polizeiangaben ein Feuerwerkskörper gezündet.
  • Die Polizei ließ den Demonstrationszug daraufhin nicht starten. Erst nach Diskussionen zog der Demonstrationszug schließlich friedlich zum Marktplatz. (bro)

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