Porträt - Frank Didwißus ist ein Drogist der alten Schule - und damit einzigartig in Mannheim

Fast alles wie zu Großmutters Zeiten

Von 
Sarah Weik
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Frank Didwißus in seiner Raben-Dorgerie in der Traitteurstraße. Irgendwie sieht es hier aus, als sei die Zeit stehengeblieben.

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Die Zeitreise beginnt mit einem Duft. Einem warmen Duft, blumig und etwas altmodisch. "Veilchen", sagt Frank Didwißus und lächelt. Ein zurückhaltendes, höfliches Lächeln. Der 52-Jährige trägt einen weißen Kittel, darunter ein blau-weiß kariertes Hemd und eine schwarz-rote Fliege mit Blumen. Die Holzuhr über dem Verkaufstresen schlägt elfmal, tief und voll - ein Klang wie aus Großmutters Wohnzimmer.

In der Raben-Drogerie in der Schwetzingerstadt ist die Zeit stehengeblieben. Inhabergeführte Drogerien sind rar geworden heutzutage, und Didwißus' Laden sieht noch genauso aus wie in der Zeit, als es noch keine Drogeriemärkte gab, keine Ketten und keine Selbstbedienung. An der rechten Wand reihen sich unzählige Flaschen und Fläschchen aneinander, alle fein säuberlich beschriftet. Wie früher üblich bietet der 52-Jährige viele seiner Waren lose an. Doch die alten Waagen und Gefäße, die Apothekerschränke und antiquarischen Drogisten-Fachbücher sind viel mehr als nur hübsche Kulisse. Didwißus hat die Zeit vor allem für sich selbst angehalten, weil er seinen Beruf liebt - und zwar so, wie er ihn in den 1980er Jahren noch erlernt hat.

Erstausbildung zum Friseur

Nach der Schule machte Didwißus zunächst eine Ausbildung zum Friseur. "Früher war es oft so, dass Friseur und Drogerie in einem Laden waren", erzählt er. Auch in seinem Lehrbetrieb auf der Vogelstang war das der Fall. "Ich fand das immer sehr interessant, was die Drogisten machten." Doch dann stand erst mal der Wehrdienst bei den Fallschirmjägern in Bruchsal an. Da es ihm in seiner Einheit gefiel, blieb er zehn Jahre - in denen er viel unterwegs war. "In der Zeit habe ich auch Koch gelernt." Nach seiner Zeit bei der Bundeswehr wollte er jedoch weder als Friseur noch als Koch arbeiten. "Ich wollte vor allem nicht arbeiten, wenn andere ausgehen." Didwißus grinst. Er wollte einen kaufmännischen Beruf ausüben und entschied sich für eine weitere Ausbildung: die zum Drogisten.

"Das war damals ein enorm vielfältiger Beruf", sagt er. Die Auszubildenden lernten noch, Filme in der Dunkelkammer zu entwickeln, stellten Reinigungsmittel und Graberde her, hatten Chemikalienkunde und mussten ein Herbarium anlegen. "Das macht doch heute niemand mehr. Die kratzen bei allem an der Oberfläche und lernen dann hauptsächlich verkaufen." Didwißus zieht die Schultern nach oben. "Bei einem Drogeriemarkt wäre ich jetzt vielleicht Filialleiter, aber das wäre eigentlich ein völlig anderer Beruf - und was ich da für einen Stress hätte!" Er lacht. Direkt nach seiner Ausbildung übernahm er eine Drogerie in Dannstadt, 2000 eröffnete er sein Geschäft in Mannheim.

Meist Stammkunden

Die meisten seiner Kunden sind Stammkunden, aus der ganzen Region kommen sie in die Schwetzingerstadt. Didwißus kennt sie und weiß, was sie brauchen und wünschen. Wie Helga Rogl, die in der Raben-Drogerie immer ätherische Öle für ihre Duftlampe kauft. Über 190 verschiede hat der Drogist zur Auswahl, alle naturrein. Er lässt seine Kundin an einigen Düften schnuppern. Rogl entscheidet sich für Pfirsich, ein Sommerduft für den Herbst. Und dann, sagt sie, hätte sie noch gerne etwas für die hartnäckigen Flecken im Bad. Der 52-Jährige nickt und verschwindet kurz. Er geht durch den Raum, in dem Hunderte verschiedener Kräuter lagern, an der kleinen Teeküche vorbei, durch das kleine Büro in das kleine Chemielabor und füllt ein paar Tropfen Salzsäure ab.

"Zu mir kommen Kunden mit speziellen Wünschen und Problemen - etwa wenn der Hund auf das Sofa gemacht hat oder die Milch im Kofferraum ausgelaufen ist." Auch Heilpraktiker und Hautkliniken schicken ihre Patienten zu Didwißus. Hier können sie die Zutaten für ihre Rezepte besorgen - oder sie sich gleich mixen lassen. "Da alles ohne Zusatz- und Konservierungsstoffe ist, kommen vor allem auch Allergiker." Er nimmt ein Stück Kernseife, hält sie unter die Nase. "Ohne Duftstoffe", sagt er. "Reine Seife - das gibt es in keinem Markt mehr." Die Drogerie hat jedoch durchaus auch moderne, abgepackte Ware. Wie Shampoos oder Insektenschutzmittel - und daneben steht wieder eine alte Emaille-Box, "Delicia tötet Motten" steht in blutroter Schrift darauf.

An Rente denkt Didwißus noch lange nicht. "20 Jahre mindestens" will er noch arbeiten. "Es macht mir Spaß, die Leute sind freundlich. Ich werde nicht reich mit meinem Laden, aber ich kann davon leben." Er weiß auch, dass es sehr schwierig wird, einen Nachfolger zu finden - auch wenn er ihn selbst ausbilden würde. "Man muss sehen, wie die Zeiten sind."

Frank Didwißus

  • Geboren am 14. September 1961 in Fritzlar, wuchs Frank Didwißus seit seinem dritten Lebensjahr in Mannheim auf.
  • Nach seiner Ausbildung als Drogist übernahm Didwißus eine Drogerie in Dannstadt.
  • Im Jahr 2000 eröffnete er eine Filiale in der Seckenheimer Straße in Mannheim. 2005 schloss er das Geschäft in Dannstadt. 2011 erfolgte der Umzug in die größeren Räume in der Traitteurstraße.
  • Frank Didwißus lebt in Edingen. In seiner Freizeit hält er sich am liebsten in seinem Garten auf. "Ich bastel viel und wurschtel eben gern rum", sagt er.
  • Seine Raben-Drogerie ist in der Traitteurstraße 56 beheimatet und unter der Telefonnummer 0621/40 14 84 5 zu erreichen.
  • Mehr Informationen zu diesem für Mannheim einzigartigen Geschäft gibt es auch im Internet unter www.raben-drogerie.de. swk

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