Der Kurde Saeid Yousefsahi kam vor 34 Jahren aus dem Iran nach Deutschland, um Geophysik zu studieren. Heute berät er für den Freundeskreis Asyl hauptamtlich Flüchtlinge in Sozial- und Verfahrenfragen, informiert Asylbewerber über ihre Rechte und Pflichten - gerade erst einen Kosovaren, dessen Asylantrag abgelehnt wurde. Sein Berater-Kollege Claud Tatah Nyuydze aus Kamerun studiert Interkulturelle Theologie in Göttingen - und unterstützt als Honorarkraft die Arbeit in der Flüchtlingsunterkunft in den Kasernen des Benjamin-Franklin-Villages in Käfertal. Beide wissen aus eigener, manchmal leidvoller Erfahrung als Migranten, wo die Probleme liegen.
Seit dem 1. März hat der Freundeskreis aus Karlsruhe als Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in der "Bedarfserstaufnahmestelle" (BEA) auf dem BFV-Gelände eine Wohnung bezogen, um direkt vor Ort den derzeit über 100 Menschen aus dem Kosovo, aus Syrien, Pakistan, Libyen oder West-Afrika Beratung und Hilfe im Asylverfahren und sozialen Angelegenheiten anzubieten. Wie gestern auf einer Pressekonferenz berichtet, wird die Zahl der Flüchtlinge ansteigen. "Die Spitze ist noch lange nicht erreicht", betonte Team-Leiter Manfred Asel. Die Konflikte in der Welt explodierten geradezu - und es gebe wachsende Armutsentwicklungen.
"Miteinander auf Augenhöhe"
Zwei Kasernen-Blocks auf dem ehemaligen US-Militärgelände sind derzeit von Flüchtlingen belegt. Die Zahl der Menschen hier wird sich, so die aktuelle Prognose, auf etwa 200 erhöhen. Dazu kommen neu 500 bis 600 "besonders belastete Personen", die bald in der früheren High School der Amerikaner untergebracht werden sollen. "Eigentlich sollte der Umbau dort bis Mai fertig sein, doch wegen Asbest wird sich das wohl um ein paar Wochen verzögern", berichtete Priskar Löhr, die Geschäftsführerin des Freundeskreises Asyl.
Seit 1993 betreut ihr Verein in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Karlsruhe Asylbewerber. Das Konzept, seit März auch in Mannheim angewendet, basiert auf einem Miteinander auf Augenhöhe zwischen Einheimischen und Zuwanderern, mit explizierter Einbeziehung von Migranten ins Beraterteam. "Dazu unterhalten wir ein intensives Fortbildungssystem", betonte Christoph Schneller vom Vorstand des Freundeskreises Asyl. "Denn fast täglich ändert sich die Gesetzeslage. Nur ehrenamtlich funktioniert da eine qualifizierte Beratung der Asylbewerber nicht. Das alles läuft nicht locker und flockig, aber es passiert endlich etwas", ergänzte Marlene Seckler, die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtverbandes in Baden-Württemberg. Bis auf die Sozialpädagogik-Studentin im Praktikum Susanne Grüb-Klotz und Claud Tatah Nyuydze sind so auch alle im Team mit festem Gehalt angestellt.
Dr. Claudia Schöning-Kalender, SPD-Stadträtin und Vorstandsmitglied im "Paritätischen", berichtete "von einer positiven Grundstimmung" in der Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen. Gerade in Käfertal herrsche eine "gute Einstiegs- und Willkommenskultur". So engagiere sich beispielsweise Ute Mocker vom Kulturhaus mit gemeinsamen Projekten. Und im September sei auf dem Kasernengelände wieder ein großes Fest geplant.
Auch Caritas und Diakonie suchen derzeit Räumlichkeiten auf Franklin, um dort Flüchtlinge zu betreuen. Dafür machen sich SPD und CDU im Käfertaler Bezirksbeirat stark. Das Team des Freundeskreises Asyl setzt explizit "bei der gemeinsamen Aufgabe auf gute Zusammenarbeit" mit den kirchlichen Trägern.
Freundeskreis Asyl
Ehrenamtlich können sich Bürger in der Sozial-Beratungsstelle des Freundeskreises Asyl engagieren. Adresse: Columbusstraße 56B, 68309 Mannheim.
Telefon: 0621/76 21 90 08.
Spendenkonto: Freundeskreis Asyl Karlsruhe e.V., IBAN: DE 28 6605 0101 0009 9091 85, Stichwort BEA Mannheim.
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