Musikhochschule - Am Paradeplatz geben Studenten Konzerte in Glascontainer / Aufmerksamkeit ist das Ziel

Mozart gegen Kürzungspläne

Von 
Monika Lanzendörfer
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Rasa Zukauskaite und Min-Ae Kim bei der Premiere im Glascontainer auf dem Paradeplatz gestern. Bis Ende September soll es hier nun regelmäßig Konzerte geben.

© Prosswitz

Auf dem Paradeplatz mischen sich Mozart-Klänge in das allgemeine Stimmengewirr an den Straßenbahnhaltestellen. Der Zufall will es, dass ein Duo der Musikhochschule ausgerechnet die Sonaten für Violine und Klavier probt, die der junge Salzburger Komponist während seines Besuchs in der Quadratestadt komponierte. Er stellte einen Text voran, der zum ersten Mal die "Mannheimer Schule" als Stilbegriff für die kompositorischen Besonderheiten der Hofkapelle verwendet.

Was 1778 hier zu Papier gebracht wurde, ruft jetzt die Passanten zu einem kleinen Tisch mit Unterschriftenlisten. "Rettet die Musikhochschulen!", lautet der Aufruf der Petition. Wer unterschreibt, wendet sich an die Politiker im Landtag, die zwei Katastrophen verhindern sollen, nämlich, dass die musikalische Ausbildung in Mannheim und in Trossingen auf ein bedauernswertes Spezialistentum reduziert wird.

Zwei Katastrophen verhindern

Das Violin-Duo Rasa Zukauskaite (Geige) und Min-Ae Kim (Klavier) weiht mit seiner Probe-Stunde den Glascontainer ein, der voraussichtlich bis 22. September am Paradeplatz stehen soll. Die Minibühne durfte ohne langwierigen Bürokram aufgestellt werden, bietet Platz für einen Flügel, eine Jazzband samt Bass und Percussion. Und besonders wichtig bei 32 Grad im Schatten: Ein Ventilator passt auch noch rein.

Künstler müssen improvisieren können; angehende Musiker müssen es lernen, und dieser pflegeleichte, sanfte Protest gegen die Kahlschlag-Idee der baden-württembergischen Ministerin Theresia Bauer (Grüne) ist die beste Gelegenheit, trotz ferienbedingten Studenten- und Personalmangels die Öffentlichkeit auf die drohenden Rotstift-Schäden aufmerksam zu machen.

Die beiden AStA-Mitglieder Verena Knirck und Maria Wunder hüten den Containerschlüssel und beantworten Passantenfragen. Zu den Mozart-Klängen bildet sich ein kleiner Debattierkreis, der sehr gut informiert ist und heftige Politikerschelte betreibt. Die Teilnehmer wollen anonym bleiben. Den politischen Aspekt der drohenden Streichorgie hebt der Klassikfan Reinhard Mauch aus der Neckarstadt hervor: Er wendet sich enttäuscht von der Grünen-Partei ab. Der Schulmusikstudent Alexander Lenz macht sich Gedanken darüber, dass im schlimmsten Fall eine zukünftige Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeit für dringend benötigte Musiklehrer verloren gehe.

Konrad Hinsken, der Klavier studiert, bringt einen weiteren Gedanken in die Diskussion ein: Statt "weltoffene" Kunst zu fördern, solle sich nun "weltgeschlossene" Unkultur breitmachen. Dieter Hoppe, der ehrenamtliche Wegweiserdienste übernimmt, zieht für die "Unmöglichkeit" des Bauer-Plans einen Vergleich aus dem Sport heran: "Das ist so, als würde man ein Trainingszentrum für Olympioniken" schließen.

Einen festen Spielplan für den Konzert-Container wird es vorerst nicht geben; alle Laien und Profis sind eingeladen, hinter Glas zu musizieren. Auch der Hochschul-Präsident Rudolf Meister wird demnächst als Pianist die Stimmung für den Erhalt seines Klassik-Reiches machen.

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