Ihren Start in die Selbstständigkeit haben sich Sarah Rieder und Katharina Fürst einfacher vorgestellt. Die beiden Erzieherinnen arbeiten in der Krippe der Universität. Weil die aber zum Sommer geschlossen wird, haben sich beide entschieden, die Einrichtung selbst weiterführen zu wollen. Von Eltern erfahren sie Unterstützung, Anfragen und Absichtserklärungen von 16 Familien haben sie schon vorliegen.
Doch das wichtigste Schreiben fehlt noch. Ob sie es jemals bekommen werden, ist völlig offen. Seit Anfang des Jahres nun warten die beiden auf eine Zusage der Stadt. Und die lässt auf sich warten.
Es war ein Paukenschlag in Mannheim: Vor einigen Monaten wurde bekannt, dass die Universität ihre Kinderkrippe schließt. Dabei hatte sie die Einrichtung erst Anfang 2013 eröffnet. Doch die Uni hat sich derzeit einen strikten Sparkurs verordnet, zudem sei es anders als erwartet nicht möglich gewesen, die Krippe komplett zu füllen. Das habe die Kosten für die Uni nochmal steigen lassen.
Von dieser Vorgeschichte wollen sich Sarah Rieder und Katharina Fürst nicht abschrecken lassen. "Wir haben als Team hier gut zusammengearbeitet, das Interesse von Elternseite ist da, das treibt uns an, das hier unabhängig weiterzuführen", sagt Rieder. Bislang betreibt die Firma educcare die Krippe, bei ihr sind die Erzieherinnen angestellt. "Wir glauben, dass wir hier weiter ein qualifiziertes Angebot machen können", sagt Rieder. Und sie glaubt auch, dass es dafür eine Nachfrage gibt.
Die Zeit läuft gegen die Krippe
Das ist allerdings einer der Punkte, die die Stadt derzeit prüft. Denn wenn die Erzieherinnen selbst die Krippe weiterführen wollten, dann seien sie ein neuer Träger, erklärt Stadtsprecher Dennis Baranski. "Wir müssen prüfen, ob wir ihn in den Bedarfsplan aufnehmen können." Nur wer in diesen Plan kommt, bekommt auch die kommunale Förderung - ohne die kann eine Kita faktisch nicht betrieben werden.
"Wir begrüßen grundsätzlich jeden neuen Betreiber", betont Baranski. Die genaue Prüfung allerdings müsse sein, schon aus Fairness gegenüber anderen Trägern. Und sie sei langwierig, normalerweise dauere sie rund ein Jahr. Es gehe dabei um viele wichtige Fragen, etwa die Tragfähigkeit des pädagogischen Konzeptes, aber auch um die Versorgungslage mit Kita-Plätzen im Einzugsgebiet und in der ganzen Stadt. Im aktuellen Fall sei die Prüfung beschleunigt worden, wann sie beendet sei, könne er aber nicht sagen.
Für das Projekt der beiden Erzieherinnen allerdings geht es um Zeit - sie wollen nahtlos an die Uni-Krippe anschließen, in den Räumen im Jungbusch bleiben und im August starten. Nur so habe das Projekt eine Chance.
Die Stadt weist nun daraufhin, dass bei der Versorgungslage mit Krippenplätzen in der Innenstadt und im Jungbusch eine "relativ entspannte Situation" herrsche. Die Zahlen zur Versorgung mit Krippen und Kindergartenplätzen allerdings sind nicht ganz durchsichtig. Kurz gefasst ist es so: Auf dem Papier fehlen in Mannheim stadtweit 30 Krippenplätze. Allerdings sind gleichzeitig Plätze in Einrichtungen frei. Woran das genau liegt, kann auch die Stadt nicht sagen. Es ist offenbar so, dass die Plätze in vielen Fällen nicht zur Nachfrage passen.
Jüngst hat sich die evangelische Kirche beklagt, dass ihr wegen nicht ausgelasteter Krippen hohe Kosten entstünden (wir berichteten). Bürgermeisterin Ulrike Freundlieb geht davon aus, dass dies nicht lange so bleiben wird, weil die Nachfrage nach Krippenplätzen steige.
Eltern von Kindern, die derzeit die Uni-Krippe besuchen, haben bereits mehrfach Politiker angesprochen. Erst, weil die Universität die Krippe schließt, dann, weil die Stadt sich zum eigenständigen Weiterbetrieb noch nicht erklärt hat. Der Landtagsabgeordnete Wolfgang Raufelder (Grüne) hatte ans Land geschrieben. Jetzt setzt sich OB-Kandidat Peter Rosenberger (CDU) für eine Genehmigung ein. Entscheiden muss nun die Stadtverwaltung - und für Sarah Rieder und Daniela Fürst läuft die Zeit.
Die Uni-Krippe - und was daraus werden soll
Die Universität hatte die Krippe 2013 im Jungbusch eröffnet. Betrieben wird sie von der Firma educcare. Geplant war, dass die Krippe in den Uni-Neubau in B 6 zieht und um einen Kindergarten erweitert wird.
Die Uni hat das aber aus Finanzgründen abgeblasen und schließt die Krippe stattdessen.
Die beiden Erzieherinnen wollen den Raum weiter mieten, aber alles andere in Eigenregie weiterführen. Sie wollen ein Unternehmen gründen, das als Träger fungiert.
Besonderen Wert wollen sie auf Inklusion in der Einrichtung legen.
Als Monatsbeitrag haben sie 690 Euro angedacht - das ist deutlich teurer als in städtischen oder kirchlichen Einrichtungen. Laut Stadt habe das auf die Genehmigung aber keinen Einfluss. bro
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