Die "weit überwiegende Mehrheit der Rheinauer" will den Mineralfaser-Recyclingbetrieb Isorec "nicht auf der Rheinauer Gemarkung und nicht in Mannheim" - so brachte SPD-Bezirksbeirat Hans-Joachim Rickel bei der öffentlichen Sitzung des Stadtteilgremiums im Nachbarschaftshaus am Rheinauer Ring den wütenden Protest der Anwohner gegen die Firmenansiedlung an der Ruhrorter Straße auf den Punkt. Gut 130 Zuhörer im Saal quittierten diese Forderung mit lautstarkem Beifall. Für Erklärungen von Umweltbürgermeisterin Felicitas Kubala (Grüne) und Isorec-Geschäftsführer Winfried Meier, der ankündigte, weitere Anlagen in Nordwestdeutschland und bei Berlin aufbauen zu wollen, gab es hingegen bei der teilweise tumultartigen Bezirksbeiratssitzung anhaltende Buh-Rufe.
Gutachten vom Fraunhofer-Institut
Meier, sein ebenfalls im Saal anwesender Mitgesellschafter Ullrich Quenzer und Achim Beck wollen in den Hallen im Hafengelände Mineralfaser-Matten weiterverwerten, die als "nicht gefährlich" mit der Abfall-Schlüsselnummer 170604 eingestuft werden. Teile der Anlage, die im Rheinau-Hafen zwischenzeitlich aufgebaut wurde, stammen von der inzwischen geschlossenen Wetzlarer Firma Woolrec. Um dieses Unternehmen in Hessen hatte es aber einen jahrelangen politischen und juristischen Streit gegeben.
Die dort behandelten und teilweise freigesetzten Stoffe seien wesentlich gefährlicher, in der Produktion sei "geschlampt" worden, das Recyclingendprodukt selbst sei zumindest zeitweise ebenfalls schadstoffbelastet gewesen, lauten die Vorwürfe, denen derzeit auch in einem Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags nachgegangen wird - Vorwürfe, die Woolrec-Verantwortliche jedoch bestreiten.
In Mannheim, so informierte die Bürgermeisterin jetzt, wird vom Würzburger Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ein sogenanntes humantoxikologisches Gutachten erstellt, zu dem auch ein drei Tage andauernder Probelauf angesetzt wird, bei dem etwa 500 Tonnen des Dämmmaterials verarbeitet werden sollen. Die dabei gewonnenen Daten werden "ausgewertet und eine Genehmigung wird nur erteilt, wenn ein gefahrloser Betrieb möglich ist", heißt es in einer schriftlichen Erklärung, die Kubala im Bezirksbeirat verteilen ließ. Gutachter ist Dr. Jürgen Meinhardt. Am selben Institut, allerdings in einer anderen Abteilung, ist auch der Gießener Professor Dr. Stefan Gäth tätig, der das Verfahren mitentwickelt hat, nachdem bei der umstrittenen Firma Woolrec Mineralfasern verarbeitet wurden.
"Das hat ein G'schmäckle", kritisierte Wolfgang Schönbrod (Mannheimer Liste) und warf der Bürgermeisterin "Blauäugigkeit" vor. Markus Roeingh vom Umweltamt und Alexander Reusch von der Gewerbeaufsicht warben dagegen um Vertrauen für Behörden, Gutachter und Anlagenbetreiber. Man verlange der Isorec bei der Genehmigung "deutlich mehr ab, als eigentlich notwendig". Vertrauen haben viele Anwohner indessen keines. Peter Toussaint vom Bürgerforum Rheinau: "Das Fraunhofer-Institut prüft dabei doch nur die von ihm selbst zertifizierte Dämmwolle!" Toussaint forderte einen Risiko-Fonds für künftige Schäden durch Isorec und eine vertragliche Beweislastumkehr zugunsten möglicher Isorec-Geschädigter: "Wir machen uns Sorgen um 950 Kinder, die im Stadtteil leben".
Bezirksbeirat Hans-Joachim Rickel griff die Bürgermeisterin Kubala derweil frontal an. Dass sie sich an den rechtlichen Gegebenheiten orientieren müsse, sei klar, sie habe aber auch ein politisches Mandat: "Sie erhalten hiermit von der SPD und dem weit überwiegenden Teil der Rheinauer Bevölkerung den Auftrag, diese Firmenansiedlung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern!"
Isorec - wie geht es weiter?
Den städtischen Angaben zufolge ist der Isorec-Probelauf "im Herbst" bzw. August/September angesetzt.
In einem gemeinsamen Antrag fordern SPD, Grüne und ML, bei der Isorec-Genehmigung neben dem Immissionsschutz (BImSchG) sämtliche Rechtsgrundlagen zu beachten.
Peter Toussaint hat in einer Petition den Landtag um Hilfe und Unterstützung gebeten: "Es kann nicht sein, dass Abfallgesetze für die einen zur gigantischen Gelddruckmaschine und für die Anwohner zur Gesundheitsschädigung werden!" lang
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