Frau Fleming, Xavier Naidoo fährt ohne Zuschauerentscheid zum Eurovision Song Contest 2016. Damit ist er nach Ihnen der zweite Mannheimer und tritt wie Sie in Stockholm an - wie finden Sie die Entscheidung?
Joy Fleming: Ich wünsche ihm viel Glück. Wenn er das machen will, soll er. Ich hab's ja 1975 auch gemacht - und das war gut (lacht). Er ist ja auch ein toller Sänger, der super phrasiert und sich gut verkaufen kann - fehlt nur ein geiler Song. Dann kann er was reißen. Ob's in Europa für ganz oben reicht, weiß ich nicht. Ich habe das Gefühl, da geht es immer weniger ums Können - obwohl die Sänger besser werden. Von der Stimme her könnte es mit dem Xavier aber für Platz eins reichen. Es ist nur a bissel e komische Sach, dass er einfach so hinfährt - das war damals bei mir sauschwer, da reinzukommen. Es gab sogar eine Morddrohung von einem Fan, der lieber Jürgen Marcus in Stockholm gesehen hätte.
Naidoo bekommt allerdings extremen Gegenwind...
Fleming: Wegen dem Politischen? Das ist ja fast bösartig. Ich hoffe, dass er sich nicht so beschmutzen lassen muss mit dummen Meinungsäußerungen. Da gebe ich persönlich gar nichts drauf. Ich kenne ihn ja, der Naidoo ist doch nicht rechtsradikal oder so was. Wahrscheinlich haben die bei der Entscheidung gedacht, je mehr Dreck geworfen wird, desto besser wird die Quote. Aber als Künstler musst du schon aufpassen, was du sagst, weil dir aus allem ein Strick gedreht werden kann. Natürlich kann man seine Meinung sagen. Aber ich bin auch Künstlerin und halte mich aus den Sachen raus, weil man ja eh nichts ändern kann - auch wenn ich gerade alles nicht ganz toll finde. Er muss nur aufpassen, dass die international nichts in den falschen Hals bekommen. Am besten, er gibt wenig Interviews.
2003 hatten Sie ja mal eine Pianoballade geschrieben, die Sie mit Naidoo singen wollten, um zum ESC zu fahren...
Fleming: Ja, aber er denkt ja nicht an mich. Schon schade, dass er mich nicht mitnimmt (lacht). jpk
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