Mannheim. AfD-Bundeschef Jörg Meuthen lehnt mit Blick auf die Landtagswahl am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern eine strikte Abgrenzung seiner Partei von der NPD ab, die derzeit im Landtag vertreten ist.
Herr Meuthen, Umfragen zufolge kann die AfD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern mit mehr als 20 Prozent rechnen. Hat Ihre Partei überhaupt das geeignete Personal dafür?
Jörg Meuthen: Selbstverständlich. Schauen Sie sich doch unseren Spitzenkandidaten Leif-Erik Holm an. Das ist ein sehr vernünftiger Mann. Er wird eine Landtagsfraktion in Schwerin bestimmt gut führen.
Naja, er ist nett, sieht gut aus und hat als Rundfunkmann eine angenehme Stimme . . .
Meuthen: . . . Für beides muss er sich nicht schämen . . .
. . . Aber ist sein inhaltliches Profil nicht eher diffus?
Meuthen: Nein, außerdem vertritt er wie ich eher gemäßigte Positionen und wird dabei sehr konkret.
Er bezeichnet die SPD als die "Scharia Partei Deutschlands".
Meuthen: Das kann ich sehr gut verstehen, denn bei dieser Partei ist mir die Abgrenzung zum Islam nicht scharf genug.
Ist es für Sie kein Problem, dass Herr Holm keine Berührungsängste zur NPD hat? Er hat angekündigt, dass die AfD im Landtag durchaus auch Anträgen der NPD zustimmen würde, falls diese wieder ins Parlament einzieht.
Meuthen: Man muss in einem Parlament in der Sache abstimmen. Wenn die NPD vernünftige Vorschläge macht, würden wir genauso wenig gegen sie stimmen, wie wenn das bei den Linken der Fall wäre.
Sie malen ein sehr schönes Bild der AfD. Wenn man bei Google die Suchbegriffe "AfD" und "Personal" eingibt, kommt selten Positives zum Vorschein.
Meuthen: Das wundert mich nicht angesichts der medialen Berichterstattung über meine Partei und deren Mitglieder.
Also ist die Presse daran schuld, wenn sie über AfD-Politiker berichtet, gegen die diverse Strafverfahren laufen?
Meuthen: Nein, solche Berichte sind ja in Ordnung. Die Medien übersehen aber, dass wir unglaublich viele qualifizierte Mitglieder haben, die über mehr Sachverstand verfügen als die in den anderen Parteien.
In den Stuttgarter Landtag wurde mit Wolfgang Gedeon ein unverbesserlicher Antisemit auf dem AfD-Ticket gewählt. Verstehen Sie das unter Sachverstand?
Meuthen: Das war ein unerfreulicher Vorgang, wir haben das Problem inzwischen gelöst, er hat die Fraktion ja verlassen.
Dafür gibt es jetzt zwei AfD-Fraktionen im Landtag. Nennen Sie das wirklich Problemlösung?
Meuthen: Ich will das nicht schönreden. Wir sind aber auf einem Weg, die zwei Fraktionen wieder zu vereinen. Das werden wir auch schaffen. Nach der Sommerpause wollen wir in Stuttgart wieder mit substanzieller Sacharbeit auffallen und nicht mit innerer Zerstrittenheit.
Den Steuerzahler kostet die Spaltung der AfD allerdings rund 63 000 Euro pro Monat.
Meuthen: Das ist richtig. Andererseits haben wir dadurch sehr viele Ansprüche verloren, die ausgabenmäßig zu Buche schlagen würden. Zum Beispiel hat keine der beiden Fraktionen bis heute einen Dienstwagen oder einen Fahrer. Insgesamt wird die entstandene Ersparnis dadurch höher als die 63 000 Euro liegen.
In der Bundespolitik agiert die AfD als eine reine Ein-Punkte-Partei. Stichwort Flüchtlinge. In den Landtagen geht es eher um Themen wie Bildung. Wie wollen Sie da professionell arbeiten?
Meuthen: Das stimmt nicht. Am Anfang waren wir in der Tat eine reine Anti-Euro-Partei. Inzwischen haben wir aber längst ein umfassendes Programm, das alle Politikfelder abdeckt.
Wie ist denn Ihr Verhältnis zu Ihrer Co-Vorsitzenden Frauke Petry? Reden Sie noch miteinander?
Meuthen: Selbstverständlich. Wir haben ein gutes kollegiales Arbeitsverhältnis. Unabhängig von unseren Meinungsverschiedenheiten sind wir beide gewählte Bundesvorsitzende und nehmen diese Aufgaben gemeinsam wahr. Und das funktioniert auch.
Aber es gab doch einen internen Machtkampf, Petry sollte angeblich gestürzt werden.
Meuthen: Einen solchen Machtkampf hat es nicht gegeben. Das waren nur Gerüchte. Ich habe auch keine Machtgelüste. Ich will, wenn die Abgeordneten das wollen, die hoffentlich bald wieder vereinte Fraktion in Stuttgart führen. Es zieht mich nicht nach Berlin.
Sie gelten in der öffentlichen Wahrnehmung eher als gemäßigt. Sind Sie nicht nur ein Feigenblatt?
Meuthen: Das bin ich gewiss nicht. Ich habe eine enorme Unterstützung von der Basis, die sagt: "Herr Meuthen, machen Sie weiter!"
Es ist aber bekannt, dass in Ihrer Partei die "Identitäre Bewegung" versucht, Fuß zu fassen. Diese vertritt rechtsradikale, rassistische und antisemitsche Parolen.
Meuthen: Das werden wir verhindern. Denn ich bin nicht bereit, mit Menschen zusammenzuarbeiten, auf die Ihre Beschreibung passt. Ich bin sehr wohl ein deutscher Patriot, aber ich bin kein Nationalist.
Jörg Meuthen
Jörg Meuthen (geboren am 29. Juni 1961 in Essen) ist seit 2015 einer von zwei Bundessprechern in der AfD.
Nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg führte der Wirtschaftswissenschaftler von Mai bis Juli 2016 die AfD-Fraktion im Parlament. Seit der Spaltung der AfD in zwei Fraktionen ist er im Landtag der Vorsitzende der Alternative für Baden-Württemberg. Ursache der Spaltung war der Streit um den Umgang mit dem Abgeordneten Wolfgang Gedeon. was
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