Mannheim. Die mit Klettergurt und Karabinern ausgerüsteten Aktivisten von Robin Wood mussten am Boden bleiben. Sie hatten geplant, zwischen zwei großen Laternenmasten vor dem Eingang des Mannheimer Rosengartens ein riesiges Transparent zu spannen. Mit dem Banner wollten sie zur Hauptversammlung der Mannheimer MVV Energie gegen Kohleverstromung protestieren - doch dazu kam es nicht.
Die Polizei habe recht deutlich gemacht, dass sie die Aktion nicht zulassen werde, sagte eine Sprecherin von Robin Wood. Man habe dann den Protest in anderer Weise umgesetzt und das Transparent vor dem Eingang präsentiert. Die MVV ist am Grosskraftwerk Mannheim (GKM) beteiligt, das Strom und Fernwärme aus Steinkohle erzeugt.
Die gut eine Handvoll Demonstranten musste es dann beim lautstarken Protest belassen: "Kohle ist nicht die Zukunft, das GKM eine Dreckschleuder", rief eine junge Frau, die sich als Judith von der "Interventionistischen Linken" vorstellte. Robert Risch von der Mannheimer Vereinigung "100 pro Energiewende" nannte den neuen GKM-Block 9 "ein Verbrechen am Weltklima".
Zur gleichen Zeit rannten im Mozartsaal des Rosengartens zwei Aktivisten mit ihrem Protestbanner durch einen Seiteneingang vor die Bühne, auf der Aufsichtsrat und Vorstand saßen. "Hopp, Hopp -Kohlestopp", riefen sie und warfen Konfetti. Von drei Ordnern wurden sie dann hinausgeleitet.
Kurz: Zuhören statt protestieren
Der MVV-Aufsichtsratschef, Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz, meinte später auf der Hauptversammlung, dass die Aktivisten statt zu protestieren besser hätten zuhören und die Aussprache nutzen sollen. Die Demonstration sei "schlicht gegen das falsche Unternehmen" gerichtet. Die MVV habe in den letzten Jahren große Summen in erneuerbare Energien investiert.
MVV-Vorstandschef Georg Müller sagte, dass man die Forderung der Demonstranten nach einer Abschaltung des Grosskraftwerks durchaus diskutieren könne. Aber erst, wenn sichergestellt sei, dass es in 60 Prozent der Mannheimer Haushalte dann nicht kalt werde. Die werden nämlich mit Fernwärme aus dem Grosskraftwerk versorgt.
Außerdem müsse gewährleistet sein, dass große Industrieunternehmen wie etwa Mercedes-Benz und Roche so zuverlässig mit Strom, Dampf und Wärme versorgt werden, dass sie ihre Standorte nicht aufgeben. Wenn das mit erneuerbaren Energien machbar sei, dann stelle sich die Frage der Abschaltung. "Bis dahin aber brauchen wir das GKM", sagte Müller unter dem Beifall der rund 1100 Aktionäre.
In seiner Rede warb Müller zuvor für den Ausbau von erneuerbaren Energien. Windkraft müsse auch an Land stärker genutzt werden, nicht nur an der Küste oder auf dem Meer. Die MVV betreibt vor allem Windräder im Binnenland. Es gebe hier noch genügend geeignete Standorte, sie müssten nur genutzt werden.
Bei Windrädern auf dem Meer drohe die gleiche Fehlsteuerung wie einst bei der Photovoltaik. Strom von Windrädern auf See sei mit 13 Cent je Kilowattstunde viel teurer als Strom, der im Binnenland durch Windräder erzeugt werde. Hier nannte Müller Kosten von sechs Cent. Ein Aktionär, der sich zu Wort gemeldet hatte, bezweifelte, dass es noch genügend gute Windstandorte gebe, "die sind doch alle schon belegt".
Harte Kritik an Juwi-Kauf
Harte Kritik musste sich Müller von Aktionärsvertretern und Kleinaktionären zum Kauf des Wind- und Solarenergieunternehmens Juwi anhören: "Von den Juwi-Altaktionären wurde die MVV über den Tisch gezogen, 100 Millionen Euro Kaufpreis für ein Unternehmen mit negativem Eigenkapital war ein katastrophaler Fehler, ohne Not wurde MVV-Vermögen verschleudert", sagte ein Aktionär, der sich als Vertreter der Verbraucherzentrale der Kapitalanleger vorstellte.
MVV-Chef Müller sagte, dass die Lage von Juwi bekannt gewesen sei. Die jüngsten Zahlen zeigten, dass Juwi die Erwartungen erfüllen werde. Im laufenden Geschäftsjahr soll Juwi einen mittleren bis oberen dreistelligen Millionenbetrag zum MVV-Umsatz beitragen. Beim operativen Gewinn werde es ein zweistelliger Millionenbetrag sein.
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