Interview - Lutz Schüler, Chef von Unitymedia-Kabel BW, erklärt doppelten Firmensitz Köln/Heidelberg für gescheitert

"Die Musik spielt jetzt in Köln"

Von 
Christian Schall
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Heidelberg verliert als Standort für das Unternehmen an Bedeutung.

© Philipp Rothe

Heidelberg. Gut ein Jahr ist es her, dass der Kölner Kabelnetzbetreiber Unitymedia Kabel BW aus Heidelberg übernommen hat. Im Interview spricht der Chef des Unternehmens, Lutz Schüler, unter anderem über die Bedeutung der beiden Standorte. Zugunsten des Wachstums sollen keine weiteren Stellen abgebaut werden.

Herr Schüler, wie viele Stellen hat die Zusammenführung gekostet?

Lutz Schüler: Wir haben damals Zahlen genannt, daran hat sich nichts geändert (232 Arbeitsplätze, d. Red.). Wir haben eine Integration gemacht, die primär wachstumsgetrieben ist, das heißt, die Synergien sind eher daraus entstanden, dass wir wirklich noch stärker wachsen und Produkte gemeinsam anbieten. Oft wird bei Zusammenschlüssen 50 Prozent Personal abgebaut. Wir haben immer verkündet, dass wir neun Prozent bis 2014 abbauen. Das war mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft so abgesprochen und daran halten wir uns.

Es gibt Gerüchte über einen weiteren Stellenabbau in Heidelberg. Wie viele der rund 400 Mitarbeiter wären davon betroffen?

Schüler: In Heidelberg und Köln sitzen hochqualifizierte Mitarbeiter. Für das geplante Wachstum müssen wir diese Leute halten. Also hatten wir uns vorgenommen, den Konzernsitz über beide Standorte zu fahren. Man muss ehrlich sagen: Das ist gescheitert, das funktioniert so nicht. Aber Heidelberg ist ein wichtiger Standort. Das habe ich auch den Kollegen mitgeteilt, als ich vor drei Wochen dort war. Insofern ist der Standort sicher und auch kein Abbau über den Sozialplan hinausgehend geplant. Ehrlicherweise muss man sagen: Heidelberg war es gewohnt, Konzernsitz zu sein. Da spielte am Ende die Musik der Firma, das passiert jetzt in Köln. Aber die Angst, ich verliere meinen Job, wir planen hier weiteren Abbau et cetera, das glaube ich, konnte ich den Kollegen in Heidelberg ganz gut nehmen.

Das heißt, eine Schließung von Heidelberg ist nicht geplant?

Schüler: Richtig.

Sie hatten angekündigt, die ausgelagerte Kundenbetreuung wieder hausintern übernehmen zu wollen. Wie ist da der Sachstand?

Schüler: Kabel BW hatte beim Zusammenschluss 95 Prozent und Unitymedia ungefähr 50 Prozent der Kundenbetreuung ausgelagert. Ich habe damals gesagt, dass wir anstreben, 70 Prozent über das neue Unternehmen auszulagern und 30 Prozent drinzuhalten, genau da sind wir jetzt auch angekommen.

Sie haben Wachstum bei den Kombipaketen - Kabel, Telefon und Internet - haben Sie im reinen Kabelsegment wieder Kunden verloren?

Schüler: Wenn man sich die letzten Jahre ansieht, verlieren wir pro Jahr etwa 60 000 Kunden. Davon kommt ein guter Teil aus dem Wohnungsbausegment, und weniger aus den Privathaushalten, die sind relativ stabil. Wir haben einen größeren Kunden und auch bei kleineren Wohnungsbaufirmen im Rahmen einer Preiserhöhung einige Kunden verloren.

Was gibt es Neues zu den Klagen gegen ARD und ZDF wegen der Einspeisegebühren ihrer Programme ins Kabelnetz?

Schüler: Die Verhandlungen an den Zivil- und Verwaltungsgerichten sind im Gange, aber es gibt noch keine Entscheidungen in diesen Verfahren. Daneben befinden wir uns teilweise in Gesprächen mit den Sendern. Die Meinungen sind sehr unterschiedlich. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass für die Nutzung von Übertragungskapazitäten, unserem wertvollsten Gut, eine angemessene Vergütung gezahlt werden muss. Aber wir werden beides tun: auf der einen Seite den Rechtsweg weiter bemühen, parallel dazu aber auch in Verhandlungen mit den Öffentlich-Rechtlichen bleiben, um am Ende zu einer Lösung zu kommen. Aber das ist kein Sprint, das ist ein Marathon.

Die Telekom hat Beschwerde gegen die Zusammenführung eingelegt. Das OLG Düsseldorf hat durchblicken lassen, dass dies in Teilen begründet ist. Ist die Zusammenführung nachträglich noch gefährdet?

Schüler: Wir haben sehr lange und eng mit dem Bundeskartellamt zusammengearbeitet, um letztlich eine Freigabe des Zusammenschlusses zu erreichen, der von den Marktteilnehmern ganz überwiegend begrüßt wurde. Auf Basis dieser Entscheidung werden wir auch weiter bei der Integration voranschreiten. Die Klage der Deutschen Telekom gegen die Freigabeentscheidung des Kartellamtes läuft noch, deshalb können wir das Verfahren nicht kommentieren. Da muss man einfach abwarten.

Lutz Schüler

  • Lutz Schüler ist seit Juli 2012 Chef von Unitymedia-Kabel BW. Bereits seit Januar 2011 war er in dieser Position beim Kölner Kabelnetzbetreiber Unitymedia.
  • Er war federführend für die Akquisition des Heidelberger Unternehmens Kabel BW durch Liberty Global und die folgende Fusion verantwortlich.
  • Davor war der gelernte Bankkaufmann, der in Augsburg BWL studiert hat, in verschiedenen leitenden Funktionen beim Telekommunikationskonzern Telefónica O2 tätig.

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