Musiktheater Rex - Zweieinhalbstündiger Konzertmarathon im Bensheimer Beatschuppen

Tosender Applaus für die Jethro Tull-Legende Martin Barre

Von 
Monika Hälker
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Die "Jethro Tull's Martin Barre & Band" brillierte im Bensheimer Musiktheater Rex.

© Funck

Bensheim. Auch ohne den kantigen Querflöten-Rocker - den Schotten Ian Anderson - kommt die Jethro-Tull-Legende an. Der knapp 70-jährige Martin Barre, ein begnadeter Gitarrist, der über 40 Jahre als fester musikalischer Anker zur Kultband zählte, weiß heute mit einer neuen, einer jungen Truppe die alten Songs mit Charme, Esprit und vor allem einer ungebrochenen Rasanz zu zelebrieren:

Unter dem sperrigen Label "Jethro Tull's Martin Barre & Band" schließt die Gruppe nahtlos an die Rockkultur der 1970er Jahre. Dieser Tage fegten die Klassiker aus dieser Ära durch das Musiktheater Rex. Im ehemaligen Güterbahnhof breitete sich die Atmosphäre eines geräumigen Beatschuppens aus, durch den die Band - passend zum Spielort - zum Schluss den legendären "Locomotive Breath" schickte.

Auf der Bühne standen drei Generationen dicht nebeneinander und spielten sich makellos die Noten und Rhythmen zu. Mit Martin Barre als Regisseur, der seine langen Finger wie zu jugendlichen Zeiten souverän über den Gitarrensteg gleiten ließ und in junger Ausstrahlung wippte und hüpfte.

Daneben zwei junge Britinnen - Becca Langsford und Alex Hart -, die bereits als Vorgruppe auftraten, akustische Gitarre und Waschbrett spielten und ihre Songs eher auf der sanfteren Klaviatur ansiedelten. Hinter ihnen "parkten" schon verheißungsvoll rund ein Dutzend Gitarren, eine Bouzouki und ein sperriges Schlagzeug. Die Jethro-Tull-Fans - die meisten von ihnen waren mittleren Semesters - dürften die Hochzeit der Original-Jethro-Tull-Band über ein paar Jahrzehnte begleitet haben. Ein bisschen Nostalgie schwebte mit.

Mit "Watch Your Step" gelang der Band ein furioser Auftakt. Mit Alan Thompson am Bass, George Lindsay am Schlagzeug und dem jungen, aber durchaus professionellen Gitarristen und Sänger Dan Crisp entfachte Martin Barre geradezu ein wuchtiges Blues-Rock-Feuerwerk. Über zweieinhalb Stunden verwöhnte die Truppe die Ohren der Zuhörer - aber nicht nur mit Jethro-Tull-Klängen und auch nicht durchgehend mit der temperamentvollen Dynamik. Die Band spannte einen wahrlich mitreißenden Parforceritt und tangierte sogar den leiseren Folk.

Natürlich fokussierte sich das Augenmerk auf die Jethro-Tull-Klassiker wie "Steal Your Heart" oder "Minstrel In The Gallery". Damit stand gleich zu Anfang die Stimme von Crisp auf dem Prüfstand. Würde er dem legendären Maestro Ian Anderson das Wasser reichen können? Allen Skeptikern zum Trotz: An dessen scharfkantige Prägnanz reicht der Nachfolger durchaus heran; er belegte die Songs mit einem frischen, authentischen Ausdruck. Kein Wunder, dass das Publikum die Band nach einem Auszug aus "Thick As A Brick" beim Rückzug in die Pause mit frenetischem Jubel begleitete.

"To Cry You A Song", "Teacher", "Fat Man" zählten zu den typischen Klassikern, die Martin Barre mit einem Gitarrenzuschnitt neu arrangiert hatte. Er bot sie einem Publikum dar, das ganz offensichtlich eine Vorliebe für eben diese alten Perlen aus der Schatztruhe hegte und sich selbst beim "Song For Jeffrey" verbeugte. Obwohl zu jener Zeit Martin Barre noch gar nicht zu Jethro Tull zählte.

Mit "Locomotive Breath" fuhr der Jethro-Tull-Martin-Barre-Band- Zug endgültig ab. Selbst nach dem zweieinhalbstündigen Marathon blieb dem Leader die Puste nicht weg. Man erlebte ihn Saiten zupfend, hüpfend und springend zum rasanten Beat - wie zu einem furiosen Finale. Tosender Applaus begleitete die Mannschaft in die Kabine.

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