Energie Warum dieser Zeitdruck bei der Genehmigung?

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"Zwei Windparks im Odenwald genehmigt", Bergsträßer Anzeiger vom Montag, 2. Januar

Die Genehmigung der Windkraftanlagen zum jetzigen Zeitpunkt und mit der im Artikel dargelegten Begründung ist in vielen Punkten fragwürdig. Als jemand, der über 30 Jahre für Landschaftspflege und Naturschutz in dieser Region mitverantwortlich war - dazu zählt auch eine zehnjährige Mitgliedschaft im Bezirksnaturschutzbeirat beim Regierungspräsidium Darmstadt - ist mir nun deutlich geworden, dass eine Zeitenwende in der Genehmigungspraxis eingetreten ist und die Entscheidungen - selbst der oberen Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Darmstadt - offensichtlich dem politischen Druck erfolgreicher Lobbyarbeit der Windindustrie stattgeben und dabei - aus meiner Sicht - in massiver Weise die Belange des Naturschutzes und der betroffenen Bürger außer acht lassen.

Warum wird in höchster Eile von der oberen Verwaltungsbehörde am letzten Tag des Jahres eine Genehmigung dieser Industrieanlagen ausgesprochen? Warum ohne nähere unabhängige gutachterliche Prüfung der vorgetragenen Bedenken? Warum setzt sich die Behörde über von der staatlichen Vogelschutzwarte vorgetragene Tatsachen und größte Bedenken hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der beantragten Anlagen hinweg?

Höhere Förderung nur noch 2016

Ist es nicht so, dass dies nur geschieht, damit den Energiekonzernen eine höhere Förderung, die 2016 auslief, zugewendet werden kann? Nach meinem Kenntnisstand sind in den Bereichen Stillfüssel und Flockenbusch der Gemarkung Wald-Michelbach und Kahlberg in der Gemarkung Gras-Ellenbach dokumentierte Vorkommen von Schwarzstorch, Rotmilan, Wespenbussart und Uhu sowie diverser Fledermäuse vorhanden. So liegt dem Regierungspräsidium eine Kartierung der Gebiete mit über 50 Horsten verschiedener geschützter Arten vor. Warum spielt das bei der Entscheidung des Regierungspräsidiums keine Rolle? Wer glaubt denn ernsthaft, dass diese Arten erhalten bleiben, wenn sich über 200 Meter hohe Windräder drehen?

Warum dieser Zeitdruck, anstatt diese Sachverhalte einer umfassenden fachlichen Prüfung zu unterziehen? Wo bleiben eigentlich unsere Naturschutzverbände? Ist Industriepolitik wichtiger als unser Naherholungsraum Odenwald mit seiner vielfältigen Flora und Fauna? Müssen letzte Naturräume mit seltenen, auf der "Roten Liste" stehenden Arten auf dem Altar der Energiewende zur Gewinnmaximierung der Energiekonzerne auf dem Rücken der Bürger geopfert werden? Vertreten unsere Landespolitiker eigentlich Bürgerinteressen, oder was treibt die Entscheidungsträger in Wiesbaden um, wo doch gerade ihr oberster Chef den Odenwald als Unesco-Geo-Naturpark ausgezeichnet und damit den Odenwald in den Rang eines Unesco-Welterbes erhoben hat?

Dr. Sepp Glatzl

Bensheim

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