Bergstraße. Endspurt nach monatelangen Verzögerungen: Der Windpark auf dem Roßdorfer Tannenkopf soll noch im laufenden Jahr in Betrieb genommen werden. Im Gemeindewald baut die GGEW AG für rund zehn Millionen Euro zwei Windkraftanlagen mit einem Ertrag von knapp 15 000 Megawattstunden brutto im Jahr. Damit können rein rechnerisch circa 5000 Haushalte mit regenerativ erzeugtem Strom versorgt werden.
"Ein lokales Projekt, mit dem wir die Energiewende vorantreiben", sagte GGEW-Prokurist Rainer Babylon vor Ort. Für das kommunale Versorgungsunternehmen ist der Windpark eine weitere Investition in erneuerbare Ressourcen. Das Portfolio soll kontinuierlich ausgebaut werden. In den nächsten Jahren sind Ausgaben in Höhe von 100 Millionen Euro geplant. Der Wind spiele dabei die Hauptrolle, so der Bereichsleiter für Vertrieb und Marketing.
Nördlich der Gemeinde Roßdorf entstehen zwei Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 180 Metern. Die Nabenhöhe beträgt 120 Meter. Das Fundament ist bereits eingebracht. In der kommenden Woche wird das runde Stahlgerüst von 20 Metern Durchmesser mit knapp 1400 Tonnen Beton und Stahl gefüllt. "Das fällt nicht um", so Projektmanager Martin Zarske vom ausführenden Generalunternehmen. Der Sockel wiegt etwa dreimal so viel wie die gesamte restliche Anlage. Jedes Windrad hat eine Nennleistung von gut 2,5 Megawatt.
Für den Windpark mussten Bäume fallen. Die GGEW AG teilt mit, dass der Eingriff aber "im Einklang mit der Natur" erfolge. Das Projekt sei mit Naturschutzbehörden, dem Forst und Fachgutachtern abgestimmt. Dafür wurde eine Betreibergesellschaft gegründet. Damit die Bäume entlang der Hauptschneise nicht beschädigt werden, wurden sie zuvor versetzt.
Der Trassenbau zum Transport der Bauteile orientiert sich an dem bestehenden Wegenetz. Davon konnten sich rund 50 Personen überzeugen, die am Samstag zur Baustelle spazierten. Eingeladen hatte der 2013 gegründete Verein "Roßdorfer Energie-Gemeinschaft", der das Vorhaben von Anfang an argumentativ unterstützt hat. Vorsitzender Andreas Seeberg spricht von einem "außerordentlich vorteilhaften Standort". Das nächste Wohngebäude ist etwa 1200 Meter entfernt. Außerdem durchtrennt die vielbefahrene B 26 das Gebiet zwischen Windpark und Siedlung: Die Geräusche der Rotoren würden vom Verkehr geschluckt, so der Diplom-Ingenieur. Ein Schattenwurf sei ebenfalls nicht zu befürchten.
Allerdings war auch dieses Windkraftprojekt von Kritik begleitet: Eine Bürgerinitiative argumentierte, dass die Anlagen aufgrund der Rotorenbewegungen die empfindlichen Erdbebenmessstationen in Eberstadt und Messel stören könnten. Wenig später hatte der Deutsche Wetterdienst beanstandet, dass die Anlagen innerhalb eines 15 Kilometer breiten Radius' um das Wetterradar in Offenthal liegen und dieses beeinträchtigen könnte.
Man einigte sich auf einen Kompromiss: Die ursprünglich geplante Gesamthöhe wurde um 19 Meter verringert. Nach einem monatelangen Verfahren hat das RP im April schließlich grünes Licht erteilt: Nachvollziehbare Bedenken seien so weit als möglich im Genehmigungsverfahren berücksichtigt worden. Im Juli wurde mit den Arbeiten begonnen, Ende August mit dem Bau der Kabeltrasse von den Windrädern zur Trafostation. Insgesamt wurden 13 Kilometer Kabel verlegt.
Bereits im Frühjahr 2013 hatten Gemeinde und GGEW AG den Pachtvertrag unterschrieben. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leichtgemacht", so Erster Beigeordneter Karlheinz Rück (SPD). Es sei der Gemeinde von Beginn an darum gegangen, die Bürger mitzunehmen.
Geplant waren erst vier Anlagen
Auf dem 230 Meter hohen Tannenkopf waren ursprünglich bis zu vier Windräder vorgesehen. Nach diversen Gutachten für Naturschutz, Forst und Technik mussten Zugeständnisse gemacht werden. Unter anderem brütet dort der Rotmilan, eine streng geschützte Vogelart. Die GGEW AG reichte daher einen Antrag für zwei Anlagen ein. Das Bensheimer Versorgungsunternehmen hatte sich beim Ausschreibungsverfahren gegen fünf andere Bewerber durchgesetzt.
Die Gemeinde steht laut Karlheinz Rück fest hinter dem Projekt. Man profitiere von den Pachteinnahmen und fördere den Klimaschutz. Nach der Montage sollen sich Mitte Dezember die Rotoren drehen. Projektmanager Zarske hält das für absolut realistisch. "Wir haben nicht viel Zeit, aber genügend."
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