Geschichte - Bertha Benz Memorial Route bekommt eigenen Reiseführer / Erinnerung an die erste Langstreckenfahrt mit einem Auto

Auf den Spuren einer Pionierin

Von 
Mirjam Moll
Lesedauer: 

In dieser Apotheke in Wiesloch hat Bertha Benz Ligroin, ein Reinigungsmittel, gekauft. Sie benutzte es, um auf dem Weg nach Pforzheim den Benz Patentmotorwagen Nummer 3 zu betanken. Somit wurde die Apotheke zur ersten Tankstelle der Welt.

© Rothe

Es war im Morgengrauen Anfang August und in Baden hatten gerade die Schulferien begonnen. Ein Holztor in der Waldhofstraße in Mannheim wurde fast lautlos geöffnet. Zwei Jungen schieben einen dreirädrigen Wagen, der eher an eine pferdelose Kutsche erinnert, heraus. Eine Frau sitzt darauf und lenkt das Gefährt mittels einer Kurbel um die erste Kurve. Der ältere der beiden Jungen dreht an einem Schwungrad und der Motor springt an. Die heimliche Fahrt der Bertha Benz mit ihren Söhnen Eugen und Richard nach Pforzheim sollte als Pionierfahrt in die Geschichte eingehen und das Automobil zum Massenprodukt machen. Die Langstreckentauglichkeit des Motorwagens war bewiesen. Und das ohne das Wissen von Carl Benz.

Heute, fast 125 Jahre später, hat die mittlerweile als Bertha Benz Memorial Route bekannte Strecke ihren eigenen Reiseführer bekommen. Ihren Namen verdankt die berühmte Route Edgar Meyer und seiner Frau. Die beiden riefen die Vereine Bertha Benz Memorial Club und Bertha Benz Memorial Route ins Leben und machten es sich zur Aufgabe, Bertha Benz als treibende Kraft bei der Entwicklung des ersten Autos zu würdigen. "Wir wurden sehr gescholten für den englischen Namen", erinnert sich Meyer heute. Doch der Name habe seine Berechtigung: Die Webseite des Vereins werde regelmäßig in 73 Ländern und 49 Sprachen angeklickt, fügt Meyer hinzu.

Ein langer Weg

2008 wurde die Route als offizielle Ferienstrecke registriert. Im September desselben Jahres wurden die ersten Schilder an der Strecke montiert, inzwischen sind es fast 150. 2010 wird die erste Biografie über Bertha Benz veröffentlicht. Die Frau, die aus heutiger Sicht maßgeblich an der Erfindung und Entwicklung des Autos beteiligt war, wurde lange in den Schatten ihres Mannes gestellt. 2011 zeigt das Erste den Spielfilm "Carl und Bertha". Inzwischen gibt es auch Straßen und Gebäude, die nach Bertha Benz benannt sind.

Jedes Jahr organisiert der Verein die "Bertha Benz Challenge": "Bertha fuhr damals das innovativste Fahrzeug ihrer Zeit", erklärt Meyer die Idee. "Heute laden wir die innovativsten Fahrzeuge unserer Zeit ein, auf der ältesten Automobilstrecke der Welt zu fahren.""So konnten wir dazu beitragen, dass Bertha Benz unwiderruflich ihren Platz in der Geschichte eingenommen hat", sagt Meyer nicht ohne Stolz. Oberbürgermeister Eckart Würzner lobte das Projekt der Meyers: "Toll, dass es solche Initiativen in unserer Region gibt."

Als Nächstes will Meyer eine App für Smartphones entwickeln, mit der Touristen die Route abfahren können. In sein Lebenswerk investierte das Ehepaar nach eigenen Angaben einen kleinen sechsstelligen Betrag. Die Vereine leben von Spenden. "Unser einziger Wermutstropfen ist, dass wir bislang noch keine Finanzierung von außen bekommen haben", bedauert er. So hätten sich Städte und Gemeinden entlang der Ferienstrecke bislang nicht bereiterklärt, einen noch ausstehenden Betrieb der Ferienstraße zu finanzieren. Und auch Firmen seien eher zurückhaltend gewesen, sagt Meyer mit deutlicher Frustration in der Stimme. Er hofft, dass die beiden Vereine mit dem neuen Reiseführer Förderer finden, die ihnen finanziell unter die Arme greifen.

5000 Exemplare umfasst die erste Auflage der Reihe "Explorise Ferienstraßen" vom deutsch-russischen Verlag Grebennikov. Das 240 Seiten starke Buch zum Preis von 14,90 Euro stellt die Städte entlang der Route mit ihren Sehenswürdigkeiten vor und gibt Tipps für Feinschmecker. Verlagsvertreter Thomas Götz hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Innerhalb von 18 Monaten will er mit der zweiten Auflage beginnen können.

Bertha Benz Memorial Route

1885 baute Carl Benz im Quadrat G 6, 11, dem heutigen T 6, 33, den Benz-Patentmotorwagen Nummer 1.

1888 befuhr Bertha Benz, die Frau von Automobilerfinder Carl Benz, die 106 Kilometer lange Strecke von Mannheim nach Pforzheim mit dem Patentwagen Nummer 3.

Die Route sollte als älteste Autostrecke der Welt in die Geschichte eingehen. Heute erinnert die 194 Kilometer lange Bertha Benz Memorial Route an die Pionierfahrt.

2008 wurde die Route zur offiziellen Ferienstraße. Zum 125. Jubiläum hat der Grebennikov-Verlag einen Reiseführer veröffentlicht.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen