Zoo - Vierjähriger Bulle aus Bayern ergänzt die Heidelberger Elefantenherde / "Schmusegitter" trennt Neuling noch von Gruppe

Ludwig rüsselt sich warm

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Simone Jakob
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Hallo, ich bin der neue Mitbewohner: Ludwig oder Wiggerl, wie man in Bayern sagt.

© Rothe

"Komm' Wiggerl, trau Dich!", ruft Andreas Fries und wirft zwei Brötchen zum offenen Tor des Elefantenhauses. Der Tierpfleger aus dem Münchner Zoo Hellabrunn hat seinen Schützling Ludwig nach Heidelberg begleitet und ist jetzt neugierig, wie dem vierjährigen Bullen aus Bayern sein neues Zuhause gefällt. Endlich taucht der graue Rüssel auf, schwingt nach rechts, schwingt nach links - und verschwindet wieder.

"Ludwig ist ein pfiffiges Kerlchen, aber Neuerungen gegenüber ist er nicht so aufgeschlossen", erklärt Lorenz Schwellenbacher, der den 1,6 Tonnen schweren Neuzugang der Jungbullen-WG ebenfalls begleitet. Doch dann fasst sich Wiggerl ein Herz, stapft langsam auf die Außenanlage, hält den Rüssel in die Luft und schaut sich vorsichtig um.

Erste Nacht gut überstanden

Seine neuen Kumpels Gandhi (9), Tarak (8) und Khin Yadanar Min (5) durfte Ludwig durch das "Schmusegitter" schon "berüsseln". "Sie sind aneinander interessiert, aber ein bisschen Prügel wird er als Jüngster und Kleinster schon einstecken müssen", vermutet Stefan Geretschläger, der die Bullenbande betreut. Nach dem Abschied des Leitbullen Voi Nam - der in seinem Heimatzoo Leipzig jetzt für Nachwuchs sorgen soll - werde wohl Gandhi an seine Stelle rücken. "Er ist sehr dominant und zeigt deutlich den Anspruch auf diese Position, während Tarak eher den Schlichter macht.

Beim Anblick von Ludwig hat er mit Gandhi - nach dem Motto ,ganz cool bleiben' - gerüsselt", erzählt Geretschläger. "Wir sind froh, dass unser Wiggerl hier einen so guten Platz gefunden hat. Hier kann er alles lernen, was er später braucht, um sich in einer größeren Herde zum Oberhaupt zu entwickeln", sagt Schwellenbacher. Und in Tarak und Yadanar finde er vermutlich zwei nahezu ebenbürtige Mitspieler. "Die werden schon Spaß zusammen haben", so Geretschläger.

Seine erste Nacht habe Ludwig übrigens sehr gut verbracht: "Die Videoüberwachung hat uns verraten, dass er geschlafen hat, gut frisst und trinkt und insgesamt sehr gelassen ist." Das sei nicht selbstverständlich, schließlich habe der junge Elefant eine siebenstündige Lkw-Fahrt in einem Container hinter sich.

Nach etwa zehn Minuten wird Ludwig mutiger, er stapft näher an den Rand der Anlage, wo sich interessierte Besucher versammelt haben, futtert einen Apfel, schnappt sich ein Brötchen, marschiert über den Sandspielhaufen und wirft sich eine Ladung Sand auf den Rücken.

"Das sieht gut aus", sagt Fries und grinst. Schließlich wagt Ludwig sich sogar an den Pool und watet bis zu den Knien ins Wasser. "Der Pool ist ziemlich tief, wenn er ganz reingeht, muss er schwimmen", verrät Geretschläger. Doch so mutig ist Wiggerl nun auch wieder nicht. Ihm reicht es, sich Wasser auf den Rücken zu spritzen und seine Füße zu baden.

Zoodirektor Dr. Klaus Wünnemann schaut stolz auf den Neuzugang: "Es ist natürlich viel schöner, wenn man einen neuen süßen Elefanten bekommt, als wenn man einen liebgewonnenen Bullen ziehen lassen muss." Voi Nam hat den Zoo Anfang Mai verlassen. Ludwig werde nun so lange am Neckar bleiben, bis auch er einmal als Zuchtbulle in einen anderen Zoo gehen kann.

Und wann dürfen die vier Jungs zusammen? "Ludwig bekommt jetzt die Gelegenheit, Innen- und Außenanlage alleine und in Ruhe zu erkunden und seine künftigen Mitbewohner durch das ,Schmusegitter' kennenzulernen. Und wenn wir ein gutes Gefühl haben, dann lassen wir sie zusammen", erklärt Geretschläger. "Das ist am Anfang immer eine spannende Sache", sagt Wünnemann. Aber mit Komplikationen rechnet er nicht.

Und was sagt Ludwig dazu? Der findet langsam Gefallen an der Anlage, steckt seinen Rüssel in den Leckerbissen-Baumstamm, rutscht auf seinem Po die Sandböschung hinunter, schnauft wieder hinauf und watet dann zum Abkühlen ins Wasser. Fries ist überzeugt: "Das passt!"

Jungbullen-WG im Heidelberger Zoo

Der Zoo hat seit 2010 die deutschlandweit einzige Jungbullengruppe.

Mit vier Jahren werden Jungbullen auch in der freien Wildbahn aus ihrer Gruppe herausgedrängt.

Das eigens für die Jungbullen-WG gebaute Elefantenhaus bietet Platz für vier Tiere.

Es ist samt Außenanlage rund 3000 Quadratmeter groß.

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