Biegsame Handys, die man bequem in die Hosentasche stecken kann; Lebensmitteletiketten, die sich verfärben, wenn die Ware verdorben ist; Photovoltaikzellen auf Handtaschen, mit denen man unterwegs den Laptop aufladen kann: So könnte die Zukunft aussehen, dank der sogenannten organischen Elektronik. Heidelberg soll in dieser Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Denn der geplante Bau eines Technologie- und Gründungszentrums für die "Plastikelektronik" in der Stadt wird voraussichtlich mit sieben Millionen Euro gefördert.
Reinräume und Labore bis 2017
Vor ein paar Tagen hat die baden-württembergische Landesregierung (wie berichtet) das beschlossen. Zwei der acht aus der Metropolregion Rhein-Neckar zur Förderung eingereichten Projekte haben die Jury überzeugt: das in Mannheim verortete Zentrum für Medizintechnologie und das Heidelberger Zentrum für organische Elektronik.
Das bedeutet, dass die Verantwortlichen nun im Laufe des Jahres einen Antrag auf Fördergelder der Europäischen Union (EU) stellen können - der gute Chancen hat, genehmigt zu werden. "Das ist kein Blanko-Scheck", sagt Dr. André Domin, Geschäftsführer des Technologieparks Heidelberg und zugleich für das Entwicklungs- und Gründungszentrum zuständig. "Aber es ist wahrscheinlich, dass der Antrag genehmigt wird, wenn er die Förderkriterien erfüllt."
Bestätigt sich im nächsten Jahr diese Vermutung, übernimmt die EU fünf Millionen Euro der Gesamtkosten. Zwei weitere Millionen will zudem das Land Baden-Württemberg beisteuern.
Mit dem Geld soll auf den Patton Barracks, also zwischen der Bahnstadt und Kirchheim, das neue Zentrum entstehen. Am südlichen Ende der Konversionsfläche, an der Ecke Speyerer Straße und Im Mörgelgewann, ist der Bau der Einrichtung mit rund 4500 Quadratmetern Nutzfläche geplant. Sie wird aus zwei Gebäuden bestehen. Denn die bisherigen Überlegungen sehen vor, dass eine alte Halle der US-Army umgebaut und daneben ein vier- bis fünfgeschossiger Neubau errichtet wird.
Für Gesamtkosten von bislang geschätzten rund 16 Millionen Euro sollen dort für die Hochtechnologie geeignete Räume entstehen - also Labore, staubfreie Reinräume, Büros und Werkstätten. Auf dem normalen Markt könne man solche Einrichtungen nicht mieten, erklärt Domin. Gerade Existenzgründer bräuchten diese Räume aber, um ihre Ideen umzusetzen und Entwicklungen bis zur Marktreife voranzutreiben.
Das ist nämlich die Hoffnung, die bei dem ganzen Projekt mitschwingt: dass aus dem seit sechs Jahren bereits bestehenden "Spitzencluster organische Elektronik" - also einem Zusammenschluss forschender Einrichtungen und Firmen - möglichst viele neue anwendbare Produkte und Firmen entstehen.
Das geplante Technologie- und Gründungszentrum soll den Prozess fördern, indem es den Jungunternehmern ermöglicht, ihre Ideen umzusetzen, ohne vorher viel Geld in Labore und Reinräume investieren zu müssen. "Wir füllen damit eine Lücke", sagt Domin. "Das ist aktive Wirtschaftsförderung."
Starten könnte Letztere in gut zwei Jahren, auch wenn es vorher noch das eine oder andere Hindernis zu überwinden gilt. So muss die Stadt beispielsweise das Gelände der Patton Barracks dem Bund zunächst einmal abkaufen. Auch die Zustimmung des Gemeinderats und der Bürger zur entsprechenden Nutzung der Konversionsfläche gilt es einzuholen.
Doch die Stadtspitze steht hinter dem Projekt und so gibt sich auch Domin zuversichtlich: "Wir würden gerne nächstes Jahr mit dem Bau beginnen." Eineinhalb Jahre müsse man dafür veranschlagen, schätzt er: "Eine Fertigstellung 2017 wäre schon gut."
Organische Elektronik
Die organische Elektronik zielt auf Anwendungen, in denen elektronische Bauteile auf der Basis leitender Kunststoffe gefertigt werden.
Im Englischen spricht man auch von "Plastikelektronik".
Diese Technik ermöglicht es zum Beispiel, flexible Displays für biegsame Handys zu produzieren. Auch Photovoltaikanlagen auf unebenen Flächen könnten so entstehen.
Die Produkte ergänzen die siliziumbasierte Elektronik. Sie sind leicht, unzerbrechlich, reduzieren Kosten und verringern die Abhängigkeit von Seltenen Erden.
Regio-Win-Wettbewerb
Um entscheiden zu können, welche Projekte bei der Europäischen Union Fördermittel beantragen können, hat das Land Baden-Württemberg den Wettbewerb initiiert.
In der ersten Phase, an der sich 18 Regionen beteiligt haben, sollten diese eine Strategie entwickeln. Elf Regionen wurden zur zweiten Phase zugelassen und aufgefordert, konkrete Projekte abzuleiten. 61 Vorschläge gingen insgesamt ein.
21 Projekte aus elf Regionen werden nun gefördert. Die Metropolregion Rhein-Neckar hatte acht Projekte eingereicht, zwei wurden zugelassen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg_artikel,-heidelberg-millionen-chance-fuer-patton-barracks-_arid,625575.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html