Bürstadt/Biblis. Über 35 Pokale stapeln sich in ihrem Zimmer: Tischtennis-Spielerin Natalie Gliewe hat mit zwölf Jahren schon eine Karriere hingelegt, für die andere ihr ganzes Sportlerleben brauchen. Für ihre Trophäen hat sich die amtierende Hessenmeisterin unlängst eine Vitrine zugelegt. Bald könnte die Bibliserin eine zweite brauchen, denn im Herbst will sie in den Nationalkader kommen - und dann als Nationalspielerin an der Platte stehen.
Für ihren sportlichen Erfolg tut die Zwölfjährige viel: Allein an drei Tagen in der Woche fährt sie nach Frankfurt. "Dort ist das Landesleistungszentrum, wo ich schon im Kader spiele", erklärt Natalie. Hinzu kommen das Training im Bezirksleistungszentrum in Pfungstadt, die Spiele mit der ersten Damenmannschaft des TV Bürstadt und die Turniere für die zweite Mannschaft der Damenbezirksoberliga. "Am Wochenende bin ich noch auf Lehrgängen, da trainiere ich auch", sagt die Schülerin, die den Gymnasialzweig der Erich Kästner-Schule besucht.
Natalies Tagesablauf ist straff: Während ihre Klassenkameraden nach Schule, Mittagessen und Hausaufgaben frei haben, geht es für sie im Auto ab nach Frankfurt. "Ich fahre sie zu den Trainingsterminen", sagt Vater Harald Gliewe. Er spielt selbst Tischtennis und hat Natalie im Alter von sechs Jahren an den Sport herangeführt. Für ihn ist die Karriere seiner Tochter eine logistische Herausforderung. "Das kostet Zeit und Geld." Vor allem wegen der großen zeitlichen Belastung lehnte er es lange ab, dass seine Tochter im Landesleistungszentrum trainiert. Irgendwann gab er den Talentscouts dann doch nach. Die hatten Natalie bei Bezirksmeisterschaften wiederholt angesprochen.
In den Ferien war die junge Bibliserin sogar zwei Wochen am Stück in der Kaderschmiede in Frankfurt. "Wir hatten jeden Tag mindestens drei Trainingseinheiten, von denen jede zweieinhalb Stunden dauerte. Manchmal haben wir um 7 Uhr angefangen", berichtet Natalie. Sie habe viele Freunde unter den Trainingspartnern gefunden.
Auf das Sportinternat dort möchte sie trotzdem nicht wechseln. "Da könnte ich meine Familie und meine Freunde nicht sehen." Vater Harald nickt. "Wir hätten nichts von unserer Tochter." Außerdem sei der Verbleib im Internat von sportlichen Leistungen abhängig, kritisiert er. "Das ist ein Grund, warum wir das nicht wollen."
Ob sie das dauernde Training manchmal als nervig empfindet? "Ja schon, zum Beispiel, wenn ich mich mit meinen Freunden treffen will", gibt Natalie zu. Ausfallen lassen kommt für sie dennoch nicht infrage. "Ich spiele gerne. Mir liegen eher die Ballsportarten. Turnen zum Beispiel wäre gar nichts für mich, ich bin nicht gerade gelenkig", sagt sie und lacht. Wenn sie bei Turnieren gewinne, fühle sich das gut an. Dann sei sie stolz auf sich. Und wenn sie verliert? "Manchmal bin ich schon enttäuscht, aber ich raste dann nicht aus, so wie andere das tun. Ich schreibe mir auf, was ich das nächste Mal besser machen kann."
Vorbilder im Blick
Als Offensiv-Spielerin ist ihre liebste Schlagtechnik der Vorhand-Topspin. Dabei zieht sie den Schläger von unten hinten nach vorne oben und spielt den Ball dabei so schnell, dass ihre Gegnerin chancenlos bleibt. Gute Schlagtechniken schaut sie sich auch von ihren drei Vorbildern ab, den Tischtennis-Größen Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska.
Ein Leben ohne Tischtennis - für Natalie ist das unvorstellbar. Sollte es mit der Karriere als Profi-Sportlerin nicht klappen, will sie als Trainerin arbeiten. Doch erst einmal denkt die Zwölfjährige positiv und steckt zwei wichtige Ziele für die Zukunft ab: "Irgendwann möchte ich in der Bundesliga spielen", sagt sie. "Und natürlich bei Olympia dabei sein, auch wenn das hart wird, denn nur zwei bis drei Spieler bekommen die Chance."
Natalie Gliewe
Natalie Gliewe ist zwölf Jahre alt und spielt in der ersten Tischtennis-Damenmannschaft des TV Bürstadt.
Die Damen haben im März 2016 den Meistertitel in der Bezirksoberligagruppe 1 geschafft und sind damit in die Verbandsliga aufgestiegen.
Im Mai 2016 holt sie die Hessenmeisterschaft in ihrer Altersklasse.
Die Bibliserin trainiert dreimal wöchentlich im Nachwuchsleistungszentrum in Frankfurt. kur
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