Zirkus - Akrobatin Sabrina Lutzny gastiert mit dem "Circus Montana" in Lampertheim / Jüngstes Mitglied ist erst vier Jahre alt

Ganze Familie tummelt sich in der Manege

Von 
Cassandra Lajko
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Manege frei in Lampertheim: Sechs Erwachsene und sechs Kinder treten beim Zirkus Montana als Akrobaten, Clowns, Feuerschlucker oder Tierdresseure auf. Seit sieben Generationen tourt der Zirkus im Familienbetrieb durch Deutschland.

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Lampertheim. Jede Woche eine neue Stadt - Sabrina Lutzny reist mit ihrer Familie quer durchs Land. Gemeinsam sind sie der "Circus Montana". Noch bis Sonntag ist der Zirkus in Lampertheim. Die ständigen Ortswechsel sind für die 33-Jährige völlig normal. "Man hat gelernt, sich nicht allzu sehr an etwas zu binden", sagt sie. Als Kind einer Zirkusfamilie hat Lutzny fast jede Woche eine andere Schule besucht - so wie ihre Kinder heute. "Sie kennen es nicht anders", erklärt ihre Mutter. Besonders anstrengend fänden sie den ständigen Schulwechsel daher nicht.

Ihre Töchter Chantal und Samantha sind an der "Schule für Circuskinder" in Nordrhein-Westfalen angemeldet. Jede Grundschule, die Chantal besucht, trägt in einem Schultagebuch ihren Lernstand ein und schickt es an die Lehrerin, die Chantal und Samantha betreut. Der Wechsel von Schule zu Schule funktioniert gut, erklärt Sabrina Lutzny. Die zwölfjährige Samantha hat das Schulespringen bereits hinter sich - inzwischen besucht sie die siebte Klasse einer Fernschule. Ihre Töchter schreiben gute Noten, sagt Mutter Lutzny stolz. Durch das Zirkusleben seien sie sehr selbstständig und diszipliniert.

Von Generation zu Generation

"Sie haben ihre Aufgaben, aber auch mehr Freiheiten", sagt die 33-Jährige. Und natürlich treten sie auch in der Manege auf - wie alle Familienmitglieder. "Die Schwiegereltern, die beiden Söhne, die Schwiegertöchter und sechs Kinder", zählt Sabrina Lutzny - eine der beiden Schwiegertöchter - auf, wer alles zum Zirkusteam gehört. Das jüngste Familienmitglied ist vier, das älteste 59 Jahre alt. Auch die Vierjährige mischt schon in der Manege mit - als kleine Akrobatin. Seit sechs Generationen ist der Zirkus Montana im Familienbetrieb, die siebte wächst gerade heran.

Die Familie der Zirkusleute lebt über ganz Deutschland verteilt - schließlich bleibt nicht jeder beim Zirkus. "Man verliebt sich, wird sesshaft" erklärt Sabrina Lutzny lächelnd einer der Hauptgründe für die weit verstreute Verwandtschaft. Auf die gleiche Art wächst die Familie aber auch: So kam Lutznys Großmutter zum Zirkus, weil sie sich in ihren späteren Mann verliebte, der auf dem Bauernhof ihrer Familie nach Heu für die Zirkustiere gefragt hatte.

So viel Familie auf so kleinem Raum - da bleiben Reibereien natürlich nicht aus. "Das ist wie überall", erklärt Sabrina Lutzny. Zu eng werde es in dem kleinen Wohnwagendorf aber nicht. Etwas Privatsphäre für jeden sei immer zu finden. Überhaupt böten die Wohnwagen mehr Platz, als man annehme. Im Vergleich zu früher seien die Wohncontainer viel komfortabler geworden. "Meine Küche ist größer als eine Küche in mancher Zweizimmerwohnung", lacht die 33-Jährige.

Sie freut sich bereits auf die erste Vorstellung in Lampertheim am heutigen Nachmittag. "Im Zirkus sind alle gleich", schildert sie, was sie so besonders am Zirkus findet. Unabhängig von Beruf oder gesellschaftlicher Position - bei Zirkusaufführungen staunen oder lachen alle gemeinsam im Publikum.

Finanziell nicht immer einfach

Weil das Team des Zirkus Montana nur klein ist, schlüpft jedes Familienmitglied innerhalb einer Aufführung in verschiedene Rollen. Sabrina Lutznys Mann zum Beispiel ist Balanceur, Dresseur und Feuerschlucker in einem. Die 33-Jährige ist als Akrobatin am Trapez, an Seidentüchern oder auf dem Drahtseil aufgetreten, bevor sie sich bei einem Sturz verletzt hat. Jetzt arbeitet sie an ihrer Rückkehr in die Manege.

Früher ist Sabrina Lutzny auch bei großen Zirkussen aufgetreten, war sogar schon in Monte-Carlo. "Wenn die Saison schlecht war, habe ich mich im Winter auch mal engagieren lassen", erzählt sie - denn diese Auftritte brachten ordentlich Geld, mit dem sie den Familienzirkus unterstützen konnte. Denn finanziell ist es nicht immer einfach. "Mit Arbeitslosengeld oder Hartz IV würden wir mehr verdienen", sagt Lutzny offen. Den Zirkus aufgeben will sie aber nicht.

Trotzdem weiß sie, dass die Zeiten für Zirkusleute härter geworden sind. Allein die Suche nach einem geeigneten Standort für das Zelt, die Wohnwägen, die Tiere und Transporter werde immer schwieriger. Viele Städte würden ihre freien Flächen nach schlechten Erfahrungen nicht mehr zur Verfügung stellen - egal welche Referenzen die Familie vorlegt, erklärt Lutzny. Deshalb legt sie Wert darauf, dass ihre vier Kinder einen ordentlichen Schulabschluss und eine Ausbildung machen. Danach könnten sie entscheiden, ob sie im Zirkus mitarbeiten wollen oder einen anderen Weg gehen.

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