Aktion - Künstler Gunter Demnig setzte gestern weitere 13 Stolpersteine / Schüler des AKG beteiligt

Verbeugung vor den Opfern des Nazi-Terrors

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Versenkt, aber nicht vergessen: Gestern setzte Gunter Demnig neue Stolpersteine im Stadtgebiet, die an jüdische Opfer des Naziterrors erinnern.

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Bensheim. Gestern Vormittag wurden in Bensheim weitere 13 Stolpersteine verlegt. So bezeichnet der Künstler Gunter Demnig seine kubischen Mahnmale, die Namen, Schicksal und Todesdatum der lokalen Nazi-Opfer tragen. Platziert werden sie dort, wo diese Menschen ihren letzten Wohnort hatten, bevor sie vertrieben, verschleppt oder ermordet wurden.

Die zweite Aktion ist eine Zwischenetappe, das lokale Gesamtprojekt noch nicht abgeschlossen, wie Stadtrat Peter E. Kalb erläutert. Erste Station war am Morgen das Gebäude Wilhelmstraße 49, ehemals Wohnhaus der Familien Sternheim und Thalheimer. Sie betrieben in Bensheim ein Textilgeschäft. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde die Familie wirtschaftlich ruiniert und verfolgt. Rudolph Sternheim, seine Frau Helene und deren Schwester Clara wollten aus Deutschland fliehen, doch der Ausreiseantrag wurde abgelehnt. Im September 1942 wurden sie ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Alle drei starben 1943 binnen weniger Wochen an Unterernährung.

In der Bahnhofstraße 11 und 13 tragen die Steine die Namen von Wilhelm Wolf End, seiner Frau Rika und Tochter Irma End sowie von Johanna und Jakob Rosenfelder. Während Sohn Robert End bereits 1930 wegen kommunistischer Äußerungen ausgewiesen wurde (und somit überlebte), wurde der Rest der Familie in Vernichtungslagern ermordet. Es war Wolf End, der den aus Bensheim zwangsversetzten Kaplan Albert "Abbé" Münch mit seinem Lieferwagen nach Alzey brachte. Auch durch diese engagierte Handlung aufgefallen, wurde End 1938 zunächst nach Buchenwald gebracht und von dort aus weiter deportiert. Wo seine Familie gestorben ist, ist bis heute unbekannt.

Ihre Nachbarn Johanna und Jakob Rosenfelder führten erfolgreich ein Textilgeschäft. Das gesamte Vermögen wurde von den Nazis beschlagnahmt. Nach seiner Entlassung aus Buchenwald, wohin er im Zuge der Novemberpogrome verschleppt wurde, kehrte er krank nach Bensheim zurück. Im Mai 1944 wurden die Eheleute in Auschwitz ermordet. Ihre Tochter Edda verstarb erst 1997 in Bensheim. Sie flüchtete 1939 in letzter Minute aus Berlin nach England. Ihr Mann, der jüdische Anwalt Dr. Max Jonas, starb im KZ Theresienstadt.

An der Rodensteinstraße 106 lebte Familie Oppenheimer: Hermann und seine Frau Frieda Oppenheimer, Hermanns jüngerer Bruder Moritz und sein Sohne Elieser wurden ins Ghetto Minsk deportiert, nachdem sie Bensheim bereits 1937 zwangsweise nach Frankfurt umziehen musste. Die Kinder Minni, Mira und Karl konnten mit einem Kindertransport nach England in Sicherheit gebracht werden. Ihre Eltern und der kleine Elieser schafften es nicht bis zur Ausreise, die bereits genehmigt war.

Die Details zu den Biografien hatten Schüler des Alten Kurfürstlichen Gymnasiums beigesteuert. Das Projekt "Bensheim in der Zeit des Nationalsozialismus" unter der Leitung von Studienreferendar Alexander Regel bündelte Texte und informierte vor Ort über die Schicksale der Bensheimer Familien. Beteiligt waren Chantal Boba, Lilly Büttner, Anna Nitschke, Claudio Büttner und Anna Böhm.

Bürgermeister Thorsten Herrmann betonte die Bedeutung der jungen Generation im Bestreben, das Wissen der Vergangenheit in die Zukunft zu bringen. Der Bürgermeister sprach von einem "wichtigen Brückenschlag". tr

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