Brühl. Mit einer eindeutigen Mehrheit hat gestern Abend der Gemeinderat beschlossen, Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums einzureichen. Die Karlsruher Behörde hatte die Verweigerung des Rates, einer Verlängerung der Bauvoranfrage für das geplante Geothermie-Kraftwerk das Einvernehmen zu erteilen, als nicht rechtens eingestuft und der Baugenehmigung ihren Segen erteilt (wir berichteten). Dagegen soll nun eine Klage eingereicht werden, um keine Fristen zu versäumen - doch noch ist unklar, ob die Gemeinde den Weg vor das Verwaltungsgericht auch tatsächlich antritt.
Der Antrag von Heidi Sennwitz, die Schrift direkt mit der notwendigen Begründung auf den Weg zu bringen, um keine weitere Zeit zu verlieren, fand bei der Ratsmehrheit keine Gegenliebe. Die CDU möchte lieber zunächst noch das Ergebnis der Bürgerbefragung abwarten und dann entscheiden, ob man die Klagebegründung nachreicht, also den Gang vor den Richter wagt, oder die Klage wieder zurückzieht.
Klare Gegner jedweder juristischen Vorgehensweise sind die SPD-Räte, die sich komplett gegen eine Klageerhebung jetzt oder später ausgesprochen haben.
Bürgermeister Dr. Ralf Göck erklärte, dass die Verwaltung sich an drei Juristen gewandt habe, um eine Abwägung der Erfolgsaussichten vor Gericht zu erhalten. Immerhin sei eine Klage mit Risiken und Kosten bis hin zu eventuell millionenschweren Schadenersatzforderungen verbunden.
Unterschiedliche Bewertungen
Die Einschätzungen der Rechtsanwälte seien unterschiedlich ausgefallen. Einer habe gute Erfolgsaussichten ausgemacht, die beiden anderen wollten sich nicht festlegen. Bei den Gerichtskosten reichte das Spektrum von 10 000 Euro pro Instanz bis zu noch nicht festzulegenden Streitwerten, "so einen Fall hat es halt noch nie gegeben", erklärte Göck. Dass die Gemeinde bei einem verwaltungsrechtlichen Erfolg als Verpächter des Areals privatrechtlich mit Schadenersatz zur Kasse gebeten werde, attestierten zwei Anwälte. "Im Sinne einer Risikobetrachtung wäre es besser, nicht zu klagen", fasste Göck zusammen.
CDU: Keine Privilegierung
"Wir halten die Entscheidung des Regierungspräsidiums im Widerspruchsbescheid für falsch", betonte Christian Mildenberger (CDU). Ein Geothermie-Kraftwerk sei im Außenbereich kein privilegiertes Vorhaben, deshalb sei dafür ein Bebauungsplan notwendig, der nicht vorhanden sei. "Mit dem heutigen Beschluss wollen wir zunächst einmal die Frist zur Klageeinreichung wahren", erklärte der CDU-Sprecher, "aber, ob wir die Klage durchziehen werden oder wir sie später wieder zurückziehen und uns einem Antrag zur Aufstellung eines Bebauungsplanes anschließen, entscheiden wir nach der Bürgerbefragung in Abhängigkeit des Ergebnisses", stellte er die CDU-Meinung dar.
SPD: Hoher Schadensersatz
"Wenn wir jetzt eine Klageeinreichung beschließen und dann später wieder zurückziehen, fühlen sich die Bürger, die das Geothermie-Kraftwerk auf jeden Fall verhindern wollen, doch an der Nase herumgeführt", kritisierte Roland Schnepf (SPD). Und er machte klar: Seine Fraktion stehe zu dieser Anlage an diesem Standort. Die Folgen einer Klage zeichnete Schnepf drastisch: "Wenn wir vor Gericht verlieren, haben wir Glück, dann zahlen wir nur die Gerichtskosten. Gewinnen wir, kommen Schadenersatzforderung von Geoenergy auf uns zu, die die Gemeinde in die Insolvenz treiben."
FWV: Rechtswidriger Zustand
Heidi Sennwitz (FWV) unterstrich noch einmal, dass die juristische Einschätzung des Landratsamtes und des Regierungspräsidiums ihrer Information nach falsch sei. Die jetzige Situation mit dem nicht privilegierten Projekt im Außenbereich ohne Bebauungsplan sei ein rechtswidriger Zustand, den man so nicht halten könne. Deshalb sprach sie sich unter dem Applaus der zahlreichen Zuschauer der gestrigen Sitzung für eine sofortige Anfechtungsklage aus.
GLB: Reines Schreckgespenst
Die immer wieder angeführten millionenschweren Schadenersatzforderungen gegen die Gemeinde sieht Klaus Triebskorn (GLB) als "reines Schreckgespenst" an, das juristisch nicht auszumachen sei. Man sei vor Jahren bei der ersten Baugenehmigung einer Fehlinformation aufgesessen, "diese rechtswidrige Situation muss nun berichtigt werden".
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