Ketsch. "Plötzlich kamen E-Mails von Filmemachern und Redakteuren verschiedener Zeitungen." Dirk Berger, Chef der Narhalla-Karnevalisten und des Theaters "Rampenlicht", ist begeistert, dass endlich sein Faible, die Hollywood-Schauspielerin Christiane Schmidtmer, im Fokus der allgemeinen Beachtung steht. Berger beschäftigt sich schon lange mit der eher weniger bekannten Schauspielerin Schmidtmer, doch jetzt ist das Interesse groß. Im Dezember ist der Heinz-Erhardt-Film "Geld sofort" aus dem Vergessen wieder aufgetaucht - mit Schmidtmer, der erfolgreichen Tochter der Region, die in Mannheim 1939 geboren, 2003 in Heidelberg gestorben ist.
Im Nachlass mit Material des Regisseurs Johann Alexander Hübler-Kahla fanden sich unversehrte Filmrollen. Darunter eben auch dieser unbekannte Film, der sogar der Urenkelin Erhardts, die den berühmten Nachlass verwaltet, nicht geläufig war. Erhardt spielt darin einen jungen Mann, der einen Kredit braucht. Er will heiraten und einen Kühlschrank sowie einen Fernseher kaufen.
Ihre Rolle als Sekretärin
Oskar Sima stellt einen betrügerischen Finanzexperten dar, in dessen Fänge der junge Mann gerät. Blond, scharfkurvig und zickig ist die Sekretärin des Finanzhais und damit schließt sich der Kreis zu Dirk Berger: Diese Sekretärin wird von Christiane Schmidtmer gespielt. Berger, der für das Rampenlicht-Theater im Jahr 2006 nach einem Stück suchte und "Boeing, Boeing" des französischen Autors Marc Camoletti wählte, machte sich ein Bild vom Stück, indem er es las und unter anderem die gleichnamige Filmkomödie ansah.
Zwischen Curtis und Lewis
"In der Besetzungsliste fiel mir der deutsche Name Christiane Schmidtmer zwischen Tony Curtis und Jerry Lewis auf", erzählt er eifrig. Schmidtmer spielte eine deutsche Lufthansa-Stewardess, die nächste Parallele zu Berger, der beim gleichen Unternehmen arbeitet.
Grund genug nach der schönen Blonden zu forschen: "Leider war sie damals schon gestorben", das hat Berger von ihrer Mutter Gertrud erfahren, die noch immer in Heidelberg lebt - mittlerweile 95-jährig. Kontakte zu Schmidtmers Manager und langjährigem freundschaftlichen Begleiter, Ron Russel, ließen das Bild der Deutschen immer plastischer werden.
Geboren in Mannheim am Heiligen Abend 1939 wuchs Christiane Schmidtmer erst in Mannheim, wenig später dann in Heidelberg auf. Vater Jakob verschwand im Zweiten Weltkrieg. Ihre Schulausbildung fand in England ihren Anfang, endete mit dem Abitur Ende der 50er Jahre am Heidelberger Hölderlin-Gymnasium. "Es war wenig bekannt von ihr", erinnert sich der Ketscher, der weiter forschte.
Verbrieft ist, dass die damals 20-Jährige 1959 nach München ging, um dort ihre Schauspielausbildung zu machen, die sie 1961 beendete. Theaterengagements folgten, die sie unter anderem nach Bad Kreuznach und Düsseldorf führten. Erste Fernseh- und Filmproduktionen folgten - wohl auch der jetzt gefundene Kurzfilm mit Heinz Erhardt - bevor sie mit dem Flüchtlingsdrama "Verspätung in Marienborn" erste internationale Bekanntheit erreichte.
Sie lernte den Oskar-Preisträger José Ferrer kennen, der maßgeblich an der späteren Hollywood-Karriere beteiligt war. 1964 war Schmidtmer Cover-Model für den Kosmetik-Konzern Max Factor Cosmetics. Chicago, Las Vegas, Los Angeles und zuletzt Hollywood waren die Stationen der Karriere.
Größter natürlicher Busen
"In Deutschland war sie schnell als ,Liebesbombe' bekannt, ein Spitzname, der sie ihre ganze Karriere hindurch begleitete. Auch in den USA nannten die Amerikaner sie in den folgenden Jahren ,Love Bomb', schreibt Berger im Wikipedia-Eintrag. Ihrem Äußeren mit langen blonden Haaren, strahlend blauen Augen und einer Oberweite, die als "der größte natürliche Busen des internationalen Films in die Annalen Hollywoods einging" geschuldet, assoziierte man mit ihr das "Deutsche Fräuleinwunder".
Berger hat auch herausgefunden, dass etwa 1965 in Miami ein Bikini nach ihr benannt wurde, "The Schmidtmer" hieß das heiße Teil. Fotograf Mario Casilli lichtete die Schauspielerin 1966 für den Playboy ab. "Ich habe im Internet eine Ausgabe ersteigert", zeigt der Fan seine Schätze, zu denen auch eine Autogrammkarte an einen Jörg-Uwe Schmidt gehört und eine Ausgabe der Neuen Revue, die 1981 die Autobiografie abdruckte.
Großes Medieninteresse
Mit dem Fund des Erhardt-Films recherchierten nun etwa der "Westfälische Anzeiger", "Die Welt" und ein Münchner Dokumentarfilmer über Christiane Schmidtmer, um die Entstehungszeit des Films einzugrenzen. Dabei landeten sie auf der Homepage des Theaters "Rampenlicht" und damit bei Dirk Berger, der dort eine Kurzhommage an die Hollywood-Schöne veröffentlicht hat.
Berger erfuhr viele Details im Filmmuseum Frankfurt, wohin Schmidtmer ihren Hollywood-Nachlass gegeben hat. In einem Telefonat verriet Schmidtmers Mutter: "Christiane hat mal erwähnt, dass sie mit Heinz Erhardt spielte", an ein genaues Datum konnte sie sich aber nicht erinnern. Berger ist nach wie vor fasziniert vom Leben der zurückgezogen und krank gestorbenen Ikone, die als "aufregendster deutscher Export seit Marlene Dietrich" gehandelt und als deutsche Anita Ekberg (1931-2015) verehrt wurde.
Erinnerungen aus der Schulzeit?
Gepuscht durch die vielen neuen Impulse verspricht Berger: "Ich bleibe dran". Dazu hat er nun auch mit dem Hölderlin-Gymnasium Kontakt aufgenommen hat. "Vielleicht lebt ja noch jemand, der sie aus der Schulzeit dort kennt."
Übrigens wurde der 37 Minuten dauernde Streifen am 6. Januar 2015 im NDR gesendet und von den Medien als "kleine Sensation" 35 Jahre nach Erhardts Tod gefeiert.
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