Grüne selbstbewusst vor dem Wahljahr

Bergstraße. Die Grünen im Kreis spüren einen anhaltenden Aufwind. In den vergangenen zwei Jahren ist die Mitgliederzahl von 160 auf 220 gestiegen. Bei den zurückliegenden Landtags- und Europawahlen hat die Partei im Kreis teilweise bessere Ergebnisse als auf Bundesebene eingefahren. In der größten Stadt des Kreises, in Bensheim, wurden die Grünen mit 27,5 Prozent der Stimmen bei der Europawahl sogar stärkste Kraft. Für den Vorstand ein positives Signal für die kommenden Monate und die Kommunalwahlen 2021.

„Wir wollen diesen Schwung mitnehmen“, betonte Vorstandssprecher Matthias Schimpf bei der Kreismitgliederversammlung in Lorsch. In der schwülen Nibelungenhalle gingen die gut 40 Mitglieder nur körperlich auf Abstand – bei den turnusgemäßen Wahlen demonstrierten sie Nähe und Einigkeit. Neben Schimpf wurden die zweite Sprecherin Evelyn Berg sowie die Vorstandsmitglieder Heidi Bezzaz und Moritz Müller mit fast makelloser Mehrheit für zwei Jahre in ihre Ämter geschickt.

Delegiertenwahlen

Die erst 19-jährige Votenkandidatin Lea May von der Grünen Jugend Bergstraße fuhr bei ihrer Premiere in der Oberliga sogar das beste Ergebnis ein. Vanessa Vogel wurde einstimmig zur neuen Schatzmeisterin gewählt. Damit tritt sie die Nachfolge von Manfred Schäffer an, der am Mittwoch ein stabiles Jahresergebnis 2019 vorlegen konnte. Schatzmeister und Vorstand wurden einstimmig entlastet.

Vogel hatte das Amt bereits in der Grünen Nachwuchsorganisation inne. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz werden die Bergsträßer grünen von Matthias Schimpf, Vanessa Vogel und – als Ersatzkandidatin – von Heidi Bezzaz vertreten, die in Lorsch auch zur Landesfrauenratsdelegierten gewählt wurde. Gemeinsam mit Doris Sterzelmaier aus der Fraktion wird sie Delegierte im Parteirat sein.

„Mehr Wachstum in der Fläche“

Trotz der personellen Stabilität an der Spitze und des anhaltenden Mitgliederwachstums in Städten wie Bürstadt und Bensheim vermisst Matthias Schimpf grüne Präsenz im ländlichen Raum, wo die Zahlen überwiegend stagnieren. „Wir brauchen mehr Wachstum in der Fläche.“ Vom bundesweiten Trend, dass die Grünen laut jüngster Forsa-Umfrage aktuell als zweitstärkste Kraft noch vor der SPD rangieren, sei in vielen kleinen Kommunen noch nichts zu spüren.

Schimpf machte deutlich, dass man in einer Phase von wegbrechenden Mehrheiten, in denen die Karten neu gemischt werden, als starker Partner vor Ort mitbestimmen möchte. Auch im Kreistag. „Dort verharrt eine sogenannte Große Koalition in Stillstand und blockiert sich in vielen Themen selbst.“

Auch zum amtierenden Landrat fand der Vorstandssprecher deutliche Worte: „Die Menschen leben nicht in einer virtuellen Welt.“ Am Ende zählten Taten und real greifbare Ergebnisse. Neben Seitenhieben auf die Kreistagssitzung vom Montag inklusive des Schulentwicklungsplans („Schlecht moderiert und umgesetzt“) kritisierte Schimpf auch die jüngsten Ereignisse rund um die Sparkasse Bensheim (wir haben berichtet). In einer Fusion mit der Sparkasse Starkenburg sei das in letzter Zeit kaum erfolgreiche Institut womöglich besser aufgehoben.

„Wenn uns solche Themen nicht mehr bewegen und aufregen, dann sollten wir mit Politik aufhören“, kommentierte Matthias Schimpf seine teils recht emotionale Rede in Lorsch.

Der Fraktionsvorsitzende Jochen Ruoff nahm sich die Kreispolitik vor. Das endgültige Aus für ein Gymnasium in Lorsch sei bedauerlich, eine weitere Erweiterung der großen Schulen der falsche Weg – auch für den Fall künftiger Pandemien. Leider sei es im Gremium ebenfalls nicht gelungen, die Sprachheilabteilung an der Bürstädter Schillerschule zu retten. Die Grünen hatten sich zwar ausdrücklich für ein neues Sprachheilzentrum in Heppenheim ausgesprochen, gleichzeitig aber auch den Erhalt des Standorts Bürstadt plädiert.