BA Natürlich - Beim Auftakt der diesjährigen Veranstaltungsreihe im Naturschutzzentrum Bergstraße ging es um die Nöte sogenannter Gebäudebrüter

Schleiereule und Co. ein Zuhause bieten

Von 
Gerlinde Scharf
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Bergstraße. Der Bensheimer Bürgermeister Rolf Richter erinnert sich gern an seine Kindheit zurück, als er mit seinen Kumpels einen Wettbewerb veranstaltet hat mit dem Ziel, in der Bensheimer Weststadt das Haus mit den meisten Schwalbennestern zu entdecken. „Heute sind alle verschwunden“, brachte Richter in seiner Eröffnungsrede zur Auftaktveranstaltung des Jahresthemas 2020, „Mensch und Tier unter einem Dach – Gebäudebrüter“, im Naturschutzzentrum Bergstraße (NZB) die Realität auf einen einfachen Nenner. Die moderne Bauweise mit viel Beton und Glas, geschotterte Feldwege, aber auch die Lichtverschmutzung, machen es bestimmten Vogelarten schwer, ein Nest zu bauen, sich fortzupflanzen und eventuell zu überwintern. Fazit: Immer mehr Vögel gehen bei der Wohnungssuche leer aus.

Am Samstag fiel in Kooperation mit der Stadt und Naturschutzverbänden wie NABU, BUND und der Botanischen Vereinigung der Startschuss 2020 für die Reihe „BA Natürlich“. Verschiedene Organisationen – darunter auch „Plant for the planet“ und die Aktiven von Permakultur – haben sich zusammengefunden, um einen Beitrag zur Biodiversitätsstrategie im Kreis zu leisten beziehungsweise der Artenvielfalt etwas auf die Sprünge zu helfen und dabei möglichst viele Menschen zum Mitmachen zu animieren.

Brutplätze und Nahrungsangebot

Der Aktionstag war allerdings nicht so gut besucht wie erhofft. Die Veranstalter rätselten, ob das Coronavirus oder die Verlegung auf den Samstag den Ausschlag gaben – oder das Projekt noch zu wenig Aufmerksamkeit genießt. „Es war ein Anfang. Wir machen weiter“, gab Veronika Lindmayer vom NZB grünes Licht für das Jahresprogramm mit Vorträgen, einer Feldermausquartiersuche in der Stadt, einem Stadtrundgang zu verschiedenen Nistplätzen und der Fledermaus-Exkursion zur Hambacher Kirche.

Um Schwalben, Mauerseglern, der Schleiereule, dem Hausrotschwanz und Haussperling sowie anderen Vogelarten, die auf menschliche Behausungen angewiesen sind, einen angemessenen Lebensraum zu ermöglichen, braucht es aber nicht nur angemessene Brutplätze an Hauswänden, unter Dächern, in Kirchtürmen und Ställen, sondern auch Futterplätze und ein ausreichendes Nahrungsangebot an Insekten zur Aufzucht der Jungen.

Die Stadt Bensheim will deshalb in Zukunft der Vertreibung und dem Aussterben der Gebäudebrüter noch stärker als bisher gegensteuern und den Anbau von Blüh- und Insektenwiesen forcieren. Positive Auswirkungen soll auch ein Projekt mit der Josef Heckler-Schule haben, bei dem es darum geht, den bienen- und insektenfreundlichsten Garten zu finden und zu küren. Die Preisvergabe soll im August stattfinden, wie der Bürgermeister jetzt verriet.

Beim Projekttag im Naturschutzzentrum an der Erlache ging es in erster Linie darum, über ein Thema zu informieren, das nur selten in den Schlagzeilen ist, zu sensibilisieren und selbst mit Hand anzulegen um der „Naturentfremdung“ den Kampf anzusagen.

Hochbetrieb an Aktionstischen

„Kleine Dinge, die man tut, sind allemal besser als große Dinge, die man plant“, rief NABU-Landesvorsitzender Gerhard Eppler in seinem Impulsvortrag zum Handeln auf. Einige positive Beispiele, wie man von der „Wohnungsnot“ betroffenen Vogelarten eine Heimstatt geben kann, zählte er im Anschluss auf. Mit einem Spezialkasten soll die Schleiereule, „der es miserabel geht“, im Turm der Zwingenberger Bergkirche angelockt werden. Außerdem wurden in dem Kirchlein nach der Sanierung etliche Nistmöglichkeiten für Mauersegler geschaffen.

Dass der Plan des Veranstaltungsteams aufging, Kinder und Eltern für eine gemeinsame Sache zu begeistern, zeigte sich an den Aktionstischen, an denen mit Gips, Lehm und Stroh Schwalbennisthilfen und Meisenkästen hergestellt und aus Bausätzen Nisthilfen und Schwalbenbretter gezimmert und bemalt wurden. Besonders eifrig bei der Sache waren Katharina (10) und ihre Schwester Anna-Maria (8) samt Mama und Papa, die die fertigen Kästen am Eigenheim in Bürstadt anbringen werden.

Einige von rund 50 Schwalbenbrettern wurden gleich am Samstagmittag im Stall des benachbarten Kinderreitsportzentrums von Ulrike Mohr angenagelt. Mohr rief die Kinder dazu auf, in den kommenden Wochen und Monaten genau zu beobachten, wann die ersten Bewohner dort einziehen.

Mit der Veranstaltungsreihe „BA Natürlich“ geht es im Naturschutzzentrum an der Erlache schon am Sonntag, 29. März, weiter. Beim Aktionstag „Pflanzen, Tiere Menschen – Gelingt ein Leben im Gleichgewicht?“ erwartet die Besucher ein großes Angebot an Informations- und Mitmachständen. Darüber hinaus können sie sich mit regionalen, ökologisch produzierten und fair gehandelten Produkten stärken.

Info: Fotostrecke unter www.bergstraesser-anzeiger.de

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Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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