Sparprogramm - Betriebsbedingte Kündigungen sollen weitestgehend vermieden werden / IG Metall mit Vereinbarung zufrieden

Sirona in Bensheim kommt glimpflich davon

Von 
Michael Roth
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Dentsply Sirona will aus Kostengründen Stellen streichen: Am Standort Bensheim sollen betriebsbedingte Kündigungen weitestgehend vermieden werden. © Funck

Bensheim. Management und Arbeitnehmervertreter waren sich gegenüber dem BA einig in der Bewertung der Vereinbarung zum Stellenabbau bei Dentsply Sirona am Standort Bensheim. „Ausgewogen und fair“, nannte Bensheim-Geschäftsführer Jan Siefert die getroffenen Regelungen. Michael Geil, ebenfalls Geschäftsführer in Bensheim, ist „mit dem Ergebnis zufrieden“, wie er sagte. Für die Arbeitnehmerseite sprach Jochen Homburg, Chef der IG Metall in Darmstadt, von einer „Lösung, die in Ordnung ist“.

Es hätte schlimmer kommen können. Zwischen sechs und acht Prozent der Arbeitsplätze wollte das amerikanische Topmanagement des Dentaltechnikkonzerns Dentsply Sirona nach hohen Verlusten konzernweit streichen. Der Standort Bensheim kommt bei dem Sparprogramm nach der nun beschlossenen Vereinbarung zwischen Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretern vergleichsweise glimpflich davon.

Natürliche Fluktuation

Betriebsbedingte Kündigungen sind beim geplanten Abbau von 88 der rund 2000 Stellen an der Bergstraße (4,4 Prozent) zwar nicht gänzlich ausgeschlossen. Doch für etwa die Hälfte der Mitarbeiter, deren Stellen wegfallen, sind schon Lösungen im Rahmen der natürlichen Fluktuation gefunden worden. Und für die Übrigen rund 40 wird nach weiteren Möglichkeiten gesucht. Dazu zählen beispielsweise Umschulungen, Weiterbildung sowie Vorruhestand und Altersteilzeitmodelle. Betriebsbedingte Kündigungen sollen so „weitestgehend vermieden werden“, wie es gestern nach einer Betriebsversammlung in der Bensheimer Weststadthalle allenthalben hieß.

Die Stellen fallen zum Einen im Bereich Implantologie weg, hier wird konzernweit die Forschung der Sparte Knochenregeneration geschlossen. Auch in Bensheim. Der Bereich kam einst bei der Fusion von Dentsply und Sirona vom Dentsply-Standort Mannheim an die Bergstraße.

Zum Anderen wird es künftig weniger Arbeitsplätze in der Finanzabteilung geben. Hier werden Aufgaben, etwa aus der Buchhaltung, in ein sogenanntes Shared Service Center ins slowakische Bratislava verlagert, erklärte Geschäftsführer Geil. Das Ziel der Maßnahmen sei es, das Unternehmen wieder zu nachhaltigem Wachstum zu führen. „Der Standort Bensheim, das größte Produktions- und Entwicklungszentrum der Dentalbranche weltweit, ist jetzt gut für die Zukunft aufgestellt“, so Siefert. „Jetzt können wir uns wieder voll und ganz auf unser operatives Geschäft konzentrieren“, ergänzte Geil.

Jochen Homburg, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Darmstadt, nannte die Lösung „gut“. Vor allem angesichts des großen Abbaus von Arbeitsplätzen in Südhessen bei Konzernen wie Opel oder Conti. Bei Sirona sei ein Verfahren entwickelt worden, bei dem für jeden Einzelnen, dessen Stelle wegfalle, eine Lösung gesucht werden müsse. Das könne nach einer Weiterbildung ein anderer Arbeitsplatz sein, „bei Sirona sind derzeit 38 Stellen unbesetzt“, rechnet Homburg vor. Oder auch Altersteilzeit oder Aufhebungsverträge. Bis zu sechs Monate bezahlte Weiterbildung für einen neuen Arbeitsplatz seien vorgesehen.

Wechsel in andere Bereiche

Da recht viele qualifizierte Arbeitsplätze wegfielen, etwa im Finanzbereich, sollte eine Weiterbeschäftigung in anderen Bereichen nach einer entsprechenden Weiterbildung möglich sein, so der Gewerkschafter. Betriebsbedingte Kündigungen sieht er nach den getroffenen Vereinbarungen nur als Ultima Ratio, wenn gar keine andere Lösung gefunden worden sei. Mit dem Verfahren sei nun aber „mehr oder minder ausgeschlossen, dass es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt“, schätzt Homburg.

„Ruhige“ und „neutrale“ Stimmung in den Mitarbeiterreihen

Um 9 Uhr starteten die Vorträge und dauerten – mit einer kurzen Verschnaufpause – bis 12 Uhr an. Und pünktlich mit dem Glockenschlag strömten insgesamt rund 700 Mitarbeiter aus der Weststadthalle am Berliner Ring. Zielstrebig eilten sie auf die wartenden und anrollenden Shuttlebusse zu, die sie wieder an ihren Arbeitsplatz bringen sollten.

Ganz oben auf der Tagesordnung stand die Restrukturierung – das Thema, das wohl die meisten Interessenten in die Weststadthalle gelockt hat. Die Mehrzahl der Befragten hielt sich allerdings – gerade was dieses heikle Thema betrifft – lieber bedeckt: „Darauf dürfen wir nicht antworten“, heißt es aus den Mitarbeiterreihen auf Nachfrage. Die Stimmung in der Halle sei jedoch relativ „neutral“ gewesen. Als „ruhig und vollkommen unaufgeregt“ empfand sie ein weiterer Mitarbeiter. Alles in allem habe das Besprochene niemanden überrascht: „Im Prinzip hat sich das bestätigt, was wir schon in den vergangenen Wochen zum Thema Umstrukturierung erfahren haben.“

„Diesmal waren etwas mehr von uns bei der Versammlung, als gewöhnlich. Wahrscheinlich war das Interesse größer, da wir alle wissen wollten, was bald auf uns zukommt“, vermutet eine Mitarbeiterin beim Warten auf einige Kollegen. Bis zur Pause hatte der Betriebsrat das Wort, danach ging das Mikro an die Geschäftsführung über.

„Im zweiten Teil standen dann die Geschäftszahlen im Fokus“, berichtet eine Mitarbeiterin. „Ein Thema waren auch interne Verbesserungen, die sich aus einer Mitarbeiter-Umfrage ergeben haben und die jetzt in die Tat umgesetzt werden sollen“, erklärt eine dritte Mitarbeiterin des Unternehmens im Anschluss an die Versammlung.

„Außerdem wurde betont, dass Rassismus und Antisemitismus am Arbeitsplatz Konsequenzen haben werden.“ Ein Anlass für diesen expliziten Aufruf sei ihr allerdings nicht bekannt. ssr

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