Edingen-Neckarhausen - Linken-Gemeinderat Edgar Wunder ist „im Geiste Schweizer“ und kämpft für mehr direkte Demokratie

Sternengucker mit einem Auge fürs Soziale

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Hobby-Astronom Edgar Wunder mit einem Teleskop im Garten seines Reihenhauses in der Felix-Wankel-Straße. © Emmerich

Edgar Wunder hat sich schon als Jugendlicher sehr stark für Politik interessiert. Bei unserem Besuch in der Felix-Wankel-Straße in Neckarhausen fällt der Blick sofort auf die Schweizer Flagge am Bücherregal. „Ich bin im Geiste Schweizer“, bekennt der neue Gemeinderat der Linken in Edingen-Neckarhausen. Er schwört auf die direkte Demokratie, die bei den Eidgenossen sehr ausgeprägt ist: „Dieses politische System fasziniert mich.“

Das Studium hat Wunder im Alter von 19 Jahren nach Heidelberg gebracht, und seitdem ist er hier geblieben. „Ich lebe jetzt schon mehr als ein halbes Leben hier“, rechnet der 49-Jährige vor. Der Familie wegen zog er später nach Neckarhausen, wo er ein Haus kaufte und wo er heute mit seinen beiden Kindern und seiner Frau lebt.

Tochter Berenike ist fast acht, Sohn Reto („ein Schweizer Name“) wird sechs und kommt nach den Ferien in die Schule. Wunder fühlt sich in seiner Wahlheimat wohl. „Wir haben ein kleines Häuschen in einer Spielstraße, mehr brauchen wir nicht.“

Beim Gespräch auf der Terrasse schweift der Blick durch den Garten. Ob er Haustiere hat? „Nein, dafür ist der Garten zu klein“, wehrt Wunder ab. Obwohl die Kinder schon gerne eines hätten. Bislang konnten sie in die nahegelegene Kleintierzuchtanlage gehen, um Kaninchen und Geflügel zu bewundern, doch damit ist nun mit dem Abriss fürs Neubaugebiet Schluss. Also vielleicht doch einen Hund? „Ich hatte als Kind mal einen“, verrät Wunder: „Der hat den ganzen Garten umgegraben.“

Politisch engagiert war der neue Gemeinderat schon früh. In Nürnberg geboren, ging er gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage für Kernbrennstäbe in Wackersdorf auf die Straße. Als 1989 die Mauer fiel, fuhr er gleich in der ersten Woche mit seinem alten Fiat in den Osten, besuchte dort die Leipziger Montagsdemos. „Ich habe geahnt, dass das ein historischer Moment ist“, sagt er rückblickend. Er lernte Wolfgang Ullmann kennen, einen der führenden Köpfe der DDR-Bürgerrechtsbewegung. „Der hat mich schwer beeindruckt“, schwärmt Wunder, der sich dem Bündnis 90 anschloss, als einer der wenigen aus dem Westen. Und als einer der ersten überhaupt: „Ich habe eine zweistellige Mitgliedsnummer.“

In vier Parteien Mitglied

Insgesamt war er Mitglied in vier Parteien, wie Wunder mit einem Augenzwinkern erzählt. Denn jenes Bündnis 90 schloss sich später mit den Grünen im Westen zusammen. Wegen der Beteiligung Deutschlands am Kosovokrieg trat er 1999 aus und 2005 in die Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) ein. „Einen Tag vor Oskar Lafontaine“, wie er stolz erzählt. Die SPD-Abspaltung WASG verschmolz zwei Jahre später mit der Linkspartei.PDS zur Partei Die Linke. Das war dann seine vierte (und vorerst letzte).

Genauso alt wie seine Begeisterung für die Politik ist jene für die Astronomie. „Ich war schon als Jugendlicher bei der Volkssternwarte aktiv“, sagt er. Im Keller stehen zwei große Teleskope. Eines davon ist so empfindlich, dass er damit eine brennende Kerze in 1000 Kilometern Entfernung wahrnehmen könnte, also zum Beispiel in Rom, „wenn da nicht die Erdkrümmung und die Alpen wären“.

Auch wenn die Astronomie ein Hobby ist, geht er mit wissenschaftlicher Akribie daran. Vor ein paar Jahren hat er den Stern CU Arietis im Sternbild Widder untersucht. Er ist 8000 Lichtjahre entfernt („was etwa 75 Billiarden Kilometer entspricht“). Wunder gelang der Nachweis, dass die Oberfläche dieses Sterns mit einem Rhythmus von genau 13 Stunden, 23 Minuten und 47,48 Sekunden pulsiert, was vorher noch nicht bekannt war. Sogar die Ursache dafür fand Wunder heraus, nämlich eine „zweifach ionisierte Heliumschicht wenige hundert Kilometer unterhalb der Sternoberfläche“.

Ganz und gar nicht nach den Sternen greifen will Wunder in der örtlichen Politik. „Hier ist man wesentlich näher an den Menschen dran“, findet der Kreisrat: „Der Kreistag ist dagegen ein Raumschiff.“ Einsetzen will er sich für ein Sozialticket, das Menschen mit geringem Einkommen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Als Landesvorsitzender des Vereins „Demokratie jetzt“ macht er sich zudem für mehr direkte Einflussnahme der Bürger stark. Wenn sie einmal entschieden haben, will er auch im Gemeinderat seine persönliche Meinung in der Sache zurückstellen, verspricht er.

Edgar Wunder

Jahrgang: 1969

Familie: verheiratet, zwei Kinder

Beruf: Sozialwissenschaftler

Parteien: Mitgliedschaft zunächst in Bündnis 90, seit 2005 WASG, seit 2007 Die Linke

Wahlergebnis: 1697 Stimmen (von Platz 1 der Liste auf Position 1 gewählt)

Ausschüsse: Verwaltungsausschuss, Technischer Ausschuss, Lokale Agenda.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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