Heidelberg. Für den kommenden Sommer hat André Becker die Qual der Wahl. Der 23-jährige Heidelberger, derzeit noch in Diensten des Regionalligisten FC-Astoria Walldorf, muss eine Entscheidung treffen: Beginnt er, wie eigentlich vorgesehen, sein Masterstudium in Wirtschaftsingenieurwesen – oder wagt er den Schritt in den Profifußball?
Es sind wahrlich nicht die schlechtesten Optionen für einen 23-Jährigen. Das weiß auch Becker, der im Frühjahr sein Bachelorstudium in Elektrotechnik abschloss. Über die Coolness, die der 1,97 Meter große Deutsch-Brasilianer im Gespräch mit dieser Zeitung an den Tag legt, kann nur jemand verfügen, der alle Trümpfe in der Hand hält. „Ich bin in einer guten Position“, sagt der Mann, der in der Regionalliga Südwest nach 20 Spielen auf stolze 17 Saisontore kommt. Und dessen Vertrag in Walldorf im Sommer ausläuft: „Wenn ein passendes Angebot kommt, würde ich den Schritt wagen. Der Traum vom Profifußball lebt noch, aktuell ist er zum Greifen nah.“
17 Treffer in 20 Spielen
Bis der Traum vielleicht wirklich in Erfüllung geht, will sich Becker – der in seinem letzten U-19-Jahr für den SV Waldhof in der A-Junioren-Bundesliga auf Torejagd ging – dem Tagesgeschehen zuwenden. „Es kommen ja noch ein paar Spiele. Ich hoffe, dass ich noch einige Tore schießen kann und verletzungsfrei bleibe“, stellt er klar.
Was das Sturmtalent aus Heidelberg-Kirchheim als „das A und O“ bezeichnet, ist mehr als eine Floskel. In den vergangenen zwei Jahren warfen mehrere Entzündungen Becker im Rennen um einen Platz im Walldorfer Regionalliga-Kader zurück. 2018 hatte ihn eine Achillessehnenentzündung für neun Monate außer Gefecht gesetzt. Diese Leidensphase hat Becker hinter sich gelassen. „Seit einem Jahr bin ich verletzungsfrei, ich fühle mich zum ersten Mal seit langem zu 100 Prozent fit. Dazu kommt, dass ich mein Studium abgeschlossen habe. Seitdem habe ich den Kopf frei“, nennt Becker gleich zwei Gründe für seinen Formanstieg, der schon in der Rückserie 2018/19 begann.
Da kam er auf 14 Treffer für Walldorfs U 23 in der Verbandsliga Nordbaden. Das veranlasste Matthias Born, den Trainer der ersten FCA-Mannschaft, Becker in der Sommervorbereitung wieder eine Chance zu geben. Bereits am ersten Spieltag machte Becker den Wechsel des Schwetzinger Mittelstürmers Erik Wekesser zu Zweitligist Jahn Regensburg vergessen. Beim 4:1-Sieg in Koblenz erzielte der 1,97-Meter-Mann (Born: „André ist ein Modellathlet“) die ersten drei Tore und legte Treffer Nummer vier auf.
In den ersten sieben Partien blieb Becker nur beim 0:0 gegen den FSV Mainz 05 II torlos. In die Winterpause verabschiedete sich der kopfballstarke Linksfuß mit einem Dreierpack zum 4:0 gegen Balingen. „Er ist keine Eintagsfliege mit einem kurzen Lauf. Dieser Lauf geht jetzt schon über 20 Spiele“, betont Born und ergänzt: „Wenn man die Art und Weise sieht, wie er die Tore macht, muss man sagen: Er hat sich definitiv weiterentwickelt und ist ein sehr guter Regionalliga-Stürmer geworden.“ Was Becker noch lernen müsse? „Vielleicht die Robustheit beim Ballfestmachen gegen körperlich gleichstarke Spieler“, sagt Born: „Viel mehr fällt mir nicht ein.“
Einem Wechsel in der Winterpause schiebt Born einen Riegel vor. „Nein, das ist ausgeschlossen“, meint Astorias Coach – wohl wissend, dass er „nur der Trainer“ ist: „Wenn mich jemand fragt, ob ich André freigebe, ist die Antwort klar.“ Klar ist für Born indes auch: „Ich habe nicht mit André gesprochen. Aber wenn ein Angebot kommt, das für ihn interessant ist, wird er das machen. Alles andere würde mich überraschen.“
Die ersten Proficlubs haben dem Vernehmen nach schon die Fühler nach dem Senkrechtstarter ausgestreckt. Auch eine überregionale Anfrage soll es geben. Der SV Waldhof hielt sich auf Nachfrage bedeckt. Dabei würde der ehemalige Waldhof-Junior perfekt ins Beuteschema der Blau-Schwarzen passen. „Wir kommentieren generell keine Personalgerüchte. Wir haben die beiden Top-Torschützen der vergangenen Regionalliga-Runde bei uns“, verwies Mannheims Sportlicher Leiter Jochen Kientz auf den Rekonvaleszenten Valmir Sulejmani und den 33-jährigen Kevin Koffi, der weiter auf sein erstes Drittliga-Tor wartet.
Auch für Becker, der von der E- bis zur B-Jugend beim SV Sandhausen ausgebildet wurde und das erste A-Juniorenjahr beim VfR Mannheim absolvierte, kommt ein Wechsel im Winter „nach aktuellem Stand“ nicht infrage: „Ich würde jetzt wohl Nein sagen. Ich bin schon lange in Walldorf, hatte noch nie Probleme hier und will mich dankbar zeigen. Außerdem will ich die Saison vollständig auf diesem Level durchziehen. Was im Sommer passiert, ist eine andere Sache.“
André Becker
- Geboren wurde André Becker am 26. Juli 1996 in Recife (Brasilien). Als er vier Jahre alt war, zogen seine Eltern – der Vater ist Brasilianer, die Mutter Heidelbergerin – nach Kirchheim, wo Becker bis heute wohnt.
- Nach den Stationen SG HD-Kirchheim, SV Sandhausen, VfR Mannheim und SV Waldhof wechselte Becker im Sommer 2015 zur U 23 des FC-Astoria Walldorf. Im selben Jahr gab der Stürmer sein Regionalliga-Debüt. Seinen Bachelor in Elektrotechnik machte er an der Hochschule Mannheim. cpa
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