Herr Lieberberg, was sagen Sie als Chef von Roger Waters' Tourveranstalter Live Nation zum Rückzug einiger Sender als Präsentator seiner Konzerte?
Marek Lieberberg: WDR-Intendant Tom Buhrow und ich kennen uns gut, ich schätze ihn eigentlich sehr. Ich habe ihm jedoch gesagt, dass ich die Aktion als absolut lächerlich empfinde. Das Konzert in Köln ist ohnehin bereits ausverkauft. Für die anderen Konzerte gibt es allenfalls noch Restkarten. Das Problem liegt meines Erachtens tiefer, bei den beiden Dokumentationen, die der WDR gesendet beziehungsweise nicht gesendet hat. Die Nichtgesendete soll zu pro-israelisch gewesen sein, die gesendete das Gegenteil. Und jetzt sah sich der WDR damit konfrontiert, "schon wieder" etwas anti- israelisches zu unterstützen.
Ein aufblasbares Schwein, verziert, unter anderem mit einem Davidstern, Waters' Mitgliedschaft in der Boykottbewegung BDS - das lässt Sie als Sohn jüdischer Holocaust-Überlebender doch nicht kalt, oder?
Lieberberg: Ich habe mich mit ihm darüber auch persönlich auseinander gesetzt. Er hat mich aufgrund meiner Hinweise zur Rede gestellt, dass fragwürdige, stereotype Symbolik nicht gut ankommen und berechtigterweise kritische Fragen aufwerfen würden.
Haben Sie daran gedacht, sich von Roger Waters zu trennen?
Lieberberg: Hier müssen zwei Dinge getrennt werden: persönliche Meinung und künstlerische Arbeit. Der Kanon von Roger Waters und Pink Floyd ist und bleibt genial. Auf der anderen Seite hat er eine bedenkliche private Meinung zu Israel, er ist ganz offen Mitglied einer Boykottbewegung, die ich total ablehne. Aber ich kann und will ihm sein Recht auf Meinungsfreiheit nicht bestreiten! Die jüdischen Gemeinden haben allen Anlass, sich um den deutlich sichtbaren, wachsenden Antisemitismus in der Gesellschaft dieses Landes zu kümmern. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen einen Beitrag leisten möchten, fände ich es beispielhaft, wenn vor allen Beiträgen über Luther oder Wagner-Aufführungen auf die teilweise blutrünstigen antisemitischen Theorien dieser Herrn hingewiesen würde. Da gäbe es wirklich Nachholbedarf. Demgegenüber ist das künstlerische Werk von Roger Waters weder antisemitisch oder anti-jüdisch. (jpk)
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