Wie steht es um das Deutsche in Europa? Zum Auftakt der Jahrestagung des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache im Mannheimer Rosengarten gab dazu am Dienstag der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert, einen allgemeinen Überblick. Das Rahmenthema des Kongresses, der bis Donnerstag dauert, „Deutsch in Europa“, fächert sich in Aspekte der Grammatik, der wissenschaftlichen Methodik und der Sprachpolitik auf.
Letztere stand am ersten Tag im Vordergrund. Deutsch ist mit gut 100 Millionen Muttersprachlern die größte Sprache in der Europäischen Union; als Fremdsprache lernen indes die allermeisten Englisch. Wichtig bleibt das Deutsche vor allem als zweite Fremdsprache, es konkurriert dabei aber mit Französisch und Spanisch. Ebert sieht in der EU noch das Ideal lebendig, Schüler sollten auch in einer zweiten Fremdsprache kommunizieren können; die eher national orientierten Länder stellten dies aber zugunsten einer stärkeren naturwissenschaftlichen Ausrichtung zunehmend in Frage.
In Polen hatte Deutsch als zweite Fremdsprache eine starke Stellung. Doch eine Schulreform hat vor zwei Jahren die Unterrichtszeit für fremde Sprachen reduziert. Mehrsprachigkeit ist nun kein Bildungsziel mehr. In Frankreich lernen noch drei Prozent der Schüler Deutsch als erste Fremdsprache, als zweite ist es hinter das Spanische abgerutscht.
Unter dem Motto „Deutsch die erste zweite“ wirbt das Goethe-Institut vielerorts für den Erwerb der deutschen Sprache; dem steht aber, so auch in Russland, die Tendenz entgegen, eine zweite Fremdsprache als Pflichtfach infrage zu stellen. Angesichts der deutschen Wirtschaftskraft und des Fachkräftemangels ist die Nachfrage nach Deutschunterricht für Erwachsene allerdings weiter hoch, besonders in osteuropäischen Ländern und auf dem Balkan.
Wenige schulische Alternativen
In Deutschland gilt der Erwerb von Fremdsprachen auch deshalb als wertvoll, weil davon das Verständnis für die Muttersprache profitiert. Ähnliche Überlegungen aus anderen Ländern zur Motivation für Spracherwerb sind Ebert nicht bekannt. Und er räumt ein, dass es hierzulande nur wenige schulische Alternativen zu Englisch, Französisch und Spanisch gibt. Eine Art Damoklesschwert über den Bestrebungen zur Mehrsprachigkeit ist die digitale Entwicklung: Verbesserte Übersetzungsprogramme lassen Fremdsprachenkenntnisse weniger notwendig erscheinen.
Einen interessanten Einblick in die Lage in Tschechien gab Vitek Dovalil aus Prag. Dort fördert das Schulministerium Deutsch als Fremdsprache insgesamt, aber nicht als erste und ebenso nicht als Sprache der deutschen Minderheit. Insgesamt trete auch hier mehr und mehr die Meinung in den bildungspolitischen Vordergrund, der Erwerb des Englischen reiche allein schon aus.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-kultur-englisch-dominiert-zweiter-rang-bleibt-umstritten-_arid,1615440.html