Ausstellung - Im Projekt Deltabeben kooperieren regionale Kunstinstitutionen – eröffnet wurde die Mannheimer Schau am Samstag erst einmal digital

Künstlerische Vielfalt ganz anders

Von 
Susanne Kaeppele
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Ausgestellt in der Mannheimer Kunsthalle: Alexander Horn, „Ohne Titel“. © VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Ein Experiment sollte sie werden, die digitale Vernissage der lange vorbereiteten Ausstellung für junge Kunst in Mannheim, die derzeit in der Kunsthalle, im Kunstverein und Port25 – Raum für Gegenwartskunst stattfindet. Der regionale Ausstellungsmarathon, der alle zwei Jahre abwechselnd in Ludwigshafen und Mannheim beheimatet ist, sollte schon am 29. November eröffnet werden. Wechselnde Kuratoren und immer andere vorschlagende Kunstexperten sorgen dafür, dass jedes Mal ein frischer Blick auf die in der Region zwischen Mannheim, Mainz und Karlsruhe aktiven Künstlerinnen und Künstler geworfen wird.

Wichtig ist, dass keine Altersbegrenzung besteht und alle Medien von Zeichnung, Malerei, Fotografie, Skulpturalem und Installationen bis zur Video- und Performancekunst zur Teilnahme aufgerufen sind. Aber zu Zeiten von Covid 19 ist alles anders: Die Häuser bleiben geschlossen, die Kunst ist nicht leibhaftig zu sehen, nichts kann am realen Gegenstand überprüft werden. Kann das funktionieren? Wir haben uns am Samstag ins digitale Getümmel gestürzt.

See aus Speisestärke

Kunsthallen-Direktor Johan Holten eröffnet die digitale Vernissage – und da ist schon einmal erfreulich zu sehen, dass trotz aller Offiziosität die Lebensräume der Sprechenden mit ausgestellt sind und Holten uns sein schönes holzverkleidetes Arbeitszimmer zeigt. Aber begonnen wird der erfreuliche Durchlauf durch die drei Häuser im Kunstverein.

Marlène Harles, die Geschäftsführerin, und ihre Assistentin Imke Koch führen durch das Haus, das derzeit dominiert wird von einem türkisgrünen See aus Speisestärke. Die 1990 geborene Alice Glagau (Studium in Mainz) fand dafür den witzigen Titel „Diem carpen“, also den bekannten Imperativ „Nutze den Tag“ ein wenig umgewandelt. Dreidimensionales von Grit Reiss findet sich auch – sie stülpt ihren fotografierten Figuren durchsichtige Plastiktrichter über den Kopf – und außerdem analoge Schwarzweiß-Fotografien von Petra Arnold über einen sterbenden Zirkus. Im Port25 hingegen begegnen uns, von Kim Behm und Yvonne Vogel erfrischend locker und witzig vorgestellt, gemalte Kioske von Lucia Dominguez Madeira, aber auch Fotografien von Arthur Bauer aus Kazan.

Der in der ehemaligen Sowjetunion geborene Künstler lebt heute in der Bundesrepublik und setzt sich mit den Unterschieden der Länder klassisch in Farbfotografien auseinander. Ganz anders wiederum Konstantin Weber, Absolvent der Freien Kunstakademie, der sich wie schon in seiner Abschlussarbeit mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt, die ihm Landschaftsbilder generiert.

In der Kunsthalle führen Sebastian Baden und Antonella Meloni munter digital durch das Haus. Im anschließenden Gespräch, in dem die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip zusammengeführt werden, eröffnen sich völlig neue Perspektiven. Das erinnert noch am ehesten an die übliche Vernissagenunterhaltung, aber jetzt gibt es die feine Möglichkeit der digitalen Kommunikation: Wann kann man schon einmal mit dem Künstler André Wischnewski (Bildhauer, Ausstellungsort Kunsthalle) und der Restauratorin der Kunsthalle, Katrin Radermacher, sprechen, die wiederum über die Probleme mit den in der Kunsthalle ausgestellten Werken von Emmanuel Boos (Keramiker, Paris-Mannheim) spricht? Oder mit besagtem Konstantin Weber, der auf einen IT-Spezialisten trifft? Außerordentlich interessant ist das – und eigentlich viel besser als bei einer normalen Vernissage!

29 Positionen an drei Orten in Mannheim

  • Insgesamt 29 Künstlerinnen und Künstler werden präsentiert, aber derzeit nur im Internet. Zum Projekt ist ein Katalog erschienen (128 Seiten).
  • Zu sehen in der Kunsthalle: Emmanuel Boos, Franziska Degendorfer, Fritzi Haußmann, Myriam Holme, Alexander Horn, Valentina Jaffé, Emmanuel Raab, Laura Sacher, Hannah Schemel, André Wischnewski.
  • Kunstverein: Petra Arnold, Doris Erbacher, Alice Glagau, Marie Gouil, Ann-Kathrin Krächan, Maria Kropfitsch, Rainer Negrelli, Grit Reiss, Rahel Sorg, Silvia Szabó
  • Port25: Arthur Bauer, Lucia Dominguez Madeira, Yulong Lin, Ulises Morales Lamadrid, Miriam Stanke, Jutta Steudle, Stefan Wäldele, Helena Walter, Konstantin Weber.

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