Flüchtlinge - Polizei ermittelt mit einem Personenfeststellungsverfahren in den Heimatländern das richtige Alter von straffällig gewordenen Ausländern

Einer von 18 sagte die Wahrheit

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Stefan Proetel
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Ein Flüchtling schaut sich in Waiblingen in der Registrierungsstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge die aufgezeichneten Fingerabdrücke auf einem Computermonitor an. © dpa

Mannheim. Bei der krassesten Lüge lagen richtiges und angegebenes Alter um fast zwölf Jahre auseinander. Insgesamt haben 17 von 18 bereits überprüfte Männer bei der Angabe ihres Alters oder ihres Namens gelogen. Das bestätigte gestern die Mannheimer Polizei auf Anfrage.

Sie hatte bei 53 unbegleiteten minderjährigen Ausländern (Uma), die in Mannheim straffällig geworden sind, ein Personenfeststellungsverfahren eingeleitet. Dabei werden die Fingerabdrücke sowie die angegebenen Vor- und Familiennamen der Flüchtlinge in deren Heimatstaaten übermittelt. Dort werden sie überprüft und abgeglichen. Das Ergebnis schicken die Behörden dort dann nach Deutschland zurück.

Dieses Verfahren sei nicht neu, sagt David Faulhaber, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mannheim, sondern werde seit längerem angewandt. Allerdings habe es in der Vergangenheit bis zu ein, zwei Jahre gedauert, bis die Ergebnisse aus den betreffenden Ländern (vor allem Maghrebstaaten) vorlagen. Nach einer Optimierung des Verfahrens dauere es „derzeit und im besten Fall nur noch ein paar Wochen bis ein viertel Jahr“.

Deshalb sei die Polizei Mannheim zuversichtlich, dass das Prozedere so gut weitergehe. Bisher, so Faulhaber, seien 18 Rückmeldungen eingegangen. 17 der Personen hätten falsche Namen oder Geburtsdaten angegeben. Im krassesten Fall sei ein angeblich 16-Jähriger fast zwölf Jahre älter gewesen. Laut Landeskriminalamt seien alle 17 Männer volljährig und bis zu 28 Jahre alt.

Härteres Vorgehen

Eine Gruppe unbegleiteter Intensivtäter hatte die Stadt im vergangenen Jahr mit ihrer kriminellen Energie in Atem gehalten. Nach dem Hilferuf von Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) im Herbst in Richtung Stuttgart und der Forderung, die wiederholt straffällig gewordenen in geschlossenen Einrichtungen unterzubringen, entbrannte eine heftige Debatte. Kurz hatte zugegeben, dass die Stadt „am Ende des Lateins“ sei. Im Verlauf der Diskussionen empfahl Innenminister Thomas Strobl (CDU) dem Mannheimer Rathaus, erst einmal vor der eigenen Tür zu kehren und die Altersfeststellung der Flüchtlinge ordentlich zu machen.

Am 26. Januar hatten sich Stadt und Land auf ein härteres Vorgehen gegen die Intensivtäter geeinigt. Dazu gehörte das schnelle Transport von jungen Männern in den Bereich der eigentlich für sie zuständigen Jugendämter anderer Kommunen.

Seit Februar sind laut Stadtsprecherin Beate Klehr-Merkl 19 Personen weggebracht worden. Für zwölf von ihnen, die zu den Intensivtätern gehörten, wurde ein Aufenthaltsverbot für Mannheim ausgesprochen. Seit März sei keiner dieser jungen Männer wieder in Mannheim aufgegriffen worden. Ein weiterer Erfolg, so die Stadt: Seit 24. März sei kein Diebstahl aus Fahrradkörben mehr zur Anzeige gebracht worden.

Derzeit seien in der Vorläufigen Inobhutnahmestelle (Vion) auf Franklin sechs unbegleitete Ausländer untergebracht. Für drei von ihnen seien andere Kommunen zuständig, für die anderen drei Mannheim. Für letztere sucht die Stadt intensivpädagogische Einrichtungen im Bundesgebiet. Zwei der sechs Vion-Flüchtlinge seien derzeit in Untersuchungshaft, zwei in Strafhaft.

Personenfeststellungsverfahren sind nur bei straffällig gewordenen Flüchtlingen möglich. SPD-Bürgermeisterin Ulrike Freundlieb betont, dass weder eine Inaugenscheinnahme noch eine medizinische Altersfeststellung das exakte Alter ermitteln könne. „Die bisherigen Verfahren werfen Fragen auf, die jetzt zu diskutieren sind“, teilte sie mit.

Ehemalige Mitarbeit Ressortleiter Lokales/Regionales und Mitglied der Chefredaktion

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