Stadthaus - Teilnehmerinnen mit zweitem Feministischen Barcamp zufrieden / Erwerbstätigkeit im Vordergrund

Frauen wollen sich für Gleichstellung stärker vernetzen

Von 
Tanja Capuana
Lesedauer: 
Viviana Weschenmoser vom Organisationsteam des Barcamps an einer Tafel mit Zetteln, die Teilnehmerinnen aufgehängt haben. © Tanja Capuana

Trotz Gleichberechtigung werden Frauen noch in vielen Bereichen benachteiligt. Die Stadt Mannheim habe daher die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene unterzeichnet, erzählt Zahra Deilami, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Ein erster Schwerpunkt hierfür ist Erwerbstätigkeit und Gleichstellung. Das zweite Feministische Barcamp Mannheim am Samstag stand deshalb unter dem Motto „Erwerbsarbeit: gleichberechtigt und gerecht! Ein Fundament der Geschlechtergleichstellung“.

Sylvia Schraut leitet den Beirat, der zur Durchsetzung der Charta gegründet wurde. „Das Ganze ist ein wirkender Prozess, der jetzt erst anläuft“, sagt die Professorin. Das Barcamp soll dazu beitragen, dass eine breite Beteiligung in Mannheim ermöglicht wird.

Einige Themen vorgegeben

Rund 120 Teilnehmerinnen tummeln sich in den Workshops und Talks. Hinter dem Begriff Barcamp verbirgt sich eine Tagung ohne Tagesordnung, sagt Deilami. „Sie lebt von Spontanität.“ Die Frauen können kommen und gehen, wie sie wollen. „Es gibt freie Debatten ohne Hierarchien“, sagt Schraut. Sieben Themen, zu denen unter anderem Bereiche wie Frauen in Führungspositionen, prekäre Arbeitsverhältnisse sowie (selbst-)bewusste Berufswahl von Mädchen zählen, hat die Stadt für die Veranstaltung ausgewählt. Weitere Sessions, wie die Diskussionsrunden genannt werden, werden spontan angeboten.

Im Raum Toulon etwa moderiert Viviana Weschenmoser die Session „Meine Mama ist Chefin – Frauen in Führungspositionen“. Dabei geht es unter anderem darum, was Frauen fördert und was sie bremst. Teil der Debatte ist Gruppenarbeit.

Nathalie Röder hofft beim Barcamp auf Impulse in Sachen Feminismus im Beruf und auf neue Kontakte. Die Schwetzingerin bedauert, dass kaum Männer teilnehmen. „Sie könnten einen großen Beitrag dazu leisten, dass Frauen weiterkommen.“ Johannah Illgner, Mitglied von Plan W aus Heidelberg, gehört zum Organisationsteam des Barcamps. Sie rät Frauen, die Mittagspause auch mal zum Netzwerken zu nutzen. „Ein paar Sachen kann man sich von den Männern abgucken“, sagt sie schmunzelnd.

Yvonne Jacobi ist Mutter von zwei Töchtern. „Ich würde mir sehr wünschen, dass sie in einer weniger diskriminierenden Gesellschaft aufwachsen“, sagt die Mannheimerin. Und Karin Heinelt betont:„Seit ich denken kann, verstehe ich mich als Feministin.“ Dinah Wiestler erklärt: „Man merkt, dass man, wenn man eine Familie gründet, an viele Themen stößt, mit denen man früher nicht so stark konfrontiert war.“

Linken-Stadträtin Nalan Erol betont, dass prekäre Arbeitsverhältnisse ein großes Problem seien. Nicoletta Rapetti vom Bibiz.ev in Heidelberg hat eine spontane Session zum Thema Frauen mit Behinderungen in der Arbeitswelt gehalten. „Wir haben viel diskutiert, und ich konnte ein paar Infos vermitteln.“

Vor den Räumen präsentieren sich Vereine. Tamara Lösch wirbt für den Dyke March Rhein-Neckar, eine Demo, die sich für feministische Rechte lesbischer Frauen einsetzt. Nebenan stellt sich die Selbsthilfegruppe „Transtreff Mannheim“ vor; hier finden Menschen mit Transidentität Unterstützung. „Wir hatten eine spontane Session“, sagt Ilka Kaufmann. Darin beantworteten sie, Noemi Tretter und Fiona Erhardt Fragen rund um Transidentität.

„Sehr spannendes Format“

Jana Stahl, Vorsitzende der Bücherfrauen, und Anja Lösch präsentieren ihr Mentorenprogramm. Niwin Safar, Standortkoordinatorin Metropolregion Rhein-Neckar von „Gewaltprävention mit Migranten für Migranten“, kommt mit Besuchern ins Gespräch.

Freyja Walberg, in der feministischen Bewegung und queeren Szene aktiv, hofft durch den Austausch auf neue Perspektiven. „Ich finde das Format sehr spannend“, lobt Annika Frank. Sevinc Sönmez, Vorsitzende des Migrantinnenvereins Rhein-Neckar, möchte das Wissen der Tagung weitergeben, damit Frauen im Bereich Digitalisierung nicht abgehängt werden. „Es gibt viel zu tun, aber es ist sehr motivierend.“

Tagung auch zum Weltfrauentag

  • Das zweite feministische Barcamp Mannheim hat am Samstag rund 120 Teilnehmerinnen ins Stadthaus gelockt.
  • Die Konferenz stand unter dem Motto: „Erwerbsarbeit: gleichberechtigt und gerecht! Ein Fundament der Geschlechtergleichstellung“. Die Tagung fand gleichzeitig im Zuge des Internationalen Weltfrauentags am 8. März statt.
  • Die Stadt hat 2011 die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene unterzeichnet. Dazu wurde ein Beirat gegründet, um einen Gleichstellungsaktionsplan auf die Beine zu stellen.
  • Jedes der sieben Wirkungsfelder hat ein Experteninnenteam. In diesen Teams werden Ideen gebündelt.
  • „Die Idee ist, dass bis zum Ende des Jahres konkrete Ideen entwickelt werden“, sagt Zahra Deilami, die städtische Gleichstellungsbeauftragte. 2021 sollten dann die Realisierungsmöglichkeiten der Vorschläge geprüft werden

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen